Die gestrige Niederlage verdient eine andere Art des Backchecks. Mich hat das Spiel und wie sich die Mannschaft präsentiert hat, doch sehr nachdenklich gemacht und ich glaube ich bin damit nicht allein – lest selbst.
Es ist Zeit den letzten Spieltag des Jahres 2024 seitens der Eispiraten auszuwerten und die Scheuklappen müssen fallen. Die gestrige Niederlage gegen Weiden hat nicht nur den Cheftrainer Jussi Tuores einmal mehr auf die Palme gebracht, sondern auch viele, viele treue Anhänger der Eispiraten. Der Wind wird rau im Heimathafen Sahnpark. Der Kredit des Halbfinaleinzuges ist nun endgültig verspielt und was im Frühjahr noch zum Sommermärchen avancierte, wandelt sich zu einem wahren Horrorwinter. Natürlich kann man gegen den EV Weiden mit einer ersatzgeschwächten Crimmitschauer Mannschaft verlieren. Gerade diese Niederlage bleibt jedoch in den Köpfen. Das Auftreten der Mannschaft gestern war unverzeihlich. Im Liveticker habe ich die Leistung der Eispiraten noch als vertretbar, angesichts der Ausfälle von Lindberg und Smith, gewertet. Satte 89 Scorerpunkte fehlten den Eispiraten am gestrigen Abend und das kann und darf man nicht aus den Augen verlieren. Smith, Lindberg, Saponari und Marenis, sowie auf der Torhüterposition Oleg Shilin als Ausfälle sind nicht leicht verkraftbar. Noch weniger auszuhalten, ist das biedere und passive Nebenhergefahre der übrig gebliebenen Spieler gestern. Von Anfang an hatte man den Eindruck die Mannschaft hat das Spiel abgeschenkt. Ein mageres Torschüsschen brachte man im ersten Drittel zustande, während der Gegner nahezu unbedrängt sein Spiel aufziehen konnte. Charakteristisch für den gestrigen Abend ist dann auch, dass nicht die jungen Wilden gelaufen sind, als gäbe es kein Morgen mehr und jedem Puck und Gegner nachgejagt sind. Noch auffälliger ist nur, dass das einzige Tor des Abends im Zusammenspiel von zwei Verteidigern erzielt wird. Es fehlt das Herz. Es fehlt der Mut und so leid es mir tut – es fehlt die Qualität. Nicht die spielerische Qualität – in Crimmitschau muss man sich mit Spielern arrangieren, die eher über das kämpferische in Reihe drei und vier kommen und das ist vollkommen in Ordnung, angesichts der wirtschaftlichen Fesseln die, die Erstellung des Kaders Jahr für Jahr zu einer Herausforderung machen und so gilt es neben der sicherlich angebrachten Kritik auch immer zu betrachten, dass Spieler wie Zap, Michel, Böttcher und Vladelchtchikov für andere Aufgaben geholt wurden, als die Aufgaben, die sie gestern zu erfüllen hatten. Aus einem Böttcher wird kein Draisaitl, aus einem Vladelchtchikov kein zwei Meter Riese, der hinten alles abräumt und nach vorn ankurbelt. Das bittere? Feser, Zikmund, Sheyvrin, Walsh sind auch keine Führungsspieler, die voran gehen. Die „Stillen“ der zweiten Reihe, die sich hinter Leadern wie Smith und Lindberg verstecken und die eher kopflos, als zielstrebig agieren, wenn es an ihnen ist Zeichen zu setzen. Es mag richtig sein – wir waren gestern qualitativ schlecht aufgestellt, quantitativ noch mehr, doch moralisch war das eine Bankrotterklärung für die, die teure Rechnung im Januar kommen wird, wenn die Mannschaft weiter so spielt.
Versuchen wir eine Unterscheidung. Für mich war die Niederlage gegen die Huskies absolut inakzeptabel. Das Auftreten der Mannschaft war herzlos. Emotionslos. Man ergab sich. Hier war es für viele Fans noch aushaltbar, weil – es sind ja die Huskies. Fanfreundschaft, Familientag, gute Laune heititei. Das die Huskies ein absolut schlechtes Spiel zeigten, mit vielen Fehlern und Inkonsequenz wurde hierbei nur noch vom wesentlich schlechteren Spiel unserer Mannschaft übertroffen. War es nicht das Gleiche gegen Weiden? Auch hier wird der Mannschaft ein herzloses, emotionsloses, man möchte fast sagen mutloses Agieren attestiert. Fallen Lindberg oder Smith aus zerbricht das Team. Wo sind die Leader aus Reihe zwei? Wo sind die jungen Wilden, die sich aufdrängen? Ich glaube die Crimmitschauer Fangemeinde zeigt ein feines Gespür für den Standort und mit der Niederlage gegen Weiden ist etwas zerbrochen zwischen Mannschaft und Fans. Der Kredit ist aufgebraucht. Zehrte man monatelang von der Euphorie des geschichtsträchtigen Halbfinaleinzuges hängt man jetzt am Tropf und selbst dem treuesten Fan geht langsam der Atem aus. Die Euphorie erstickt. Die Mannschaft ist gelähmt.
Das was die Mannschaft leisten musste diese Saison ist irre und dennoch muss man sich fragen, ob in den Spielen, wo es darauf ankam wirklich alles raus gehauen wurde. Die Mentalität der Mannschaft stimmt nach vielen Rückschlägen nicht und dies ist verständlich. Nicht verständlich ist wieso Spiele wie die gegen Kassel und die gegen Weiden derart resignativ angegangen werden. Es ist nicht gelungen im Team neue Leader zu etablieren. Erfahrene Führungsspieler wie Sturm, leistungsstarke Spieler wie Kanninen, oder Balinson, die auch in einer zweiten Reihe Schaden beim Gegner anrichten können, wurden durch Ergänzungskräfte wie Spitzner, Zap und Vladelchtchikov ausgetauscht. Zum Schaden vom Team. Natürlich sind die Genannten auch nicht mit dem selben Anspruch in Crimmitschau gelandet. Ich glaube wirklich sie spielen was sie können, aber – sie spielen es runter. Diese Jungs haben im Kopf schon ihren Zweikampf verloren bevor sie bei Puck, Gegner oder Tor sind.
Auch wenn Jussi Tuores in seiner Wut fordert jemanden zu entlassen – Wen?
Es wurden Fehler begangen. Es wurden Risiken eingegangen. An einem Standort wie Crimmitschau ist es immer schwierig zwischen Vernunft und Risiko abzuwägen. Die Vernunft jetzt sollte aber auch sagen „Wir müssen ein Risiko eingehen, um wieder vernünftig aufgestellt zu sein.“
Das Risiko mit Shilin in eine weitere Spielzeit zu gehen, wird eigentlich nur dadurch gemindert, dass Christian Schneider DER junge Spieler ist, der seine Hausaufgaben gemacht und sich weiter entwickelt hat. Crimmitschau hätte auch in Weiden 8:0 verlieren können, wenn die Fans das Gefühl gehabt hätten es wird sich für das Team zerrissen. Es ist schwer öffentlich Spieler anzuzählen, gerade für Verletzungen, aber mit den Ausfällen von Shilin fehlt von Anfang an ein Puzzleteil des Erfolges. Es gelingt nicht mehr Spiele eng zu halten und das liegt auch an seinen Vorderleuten. Erst ein 36-jähriger Teilzeitverteidiger und ein 24-jähriger, finnischer Zweitligaverteidiger haben dem Team defensiv etwas mehr Tiefe gegeben. Davor hat ein Denis Sheyvrin regelmäßig dem Gegner beim Tore schießen, applaudiert. Wo ist das Herz? Wo ist die Identifikation? Ein Lucas Böttcher ist sicher ein netter Kerl, den du in der Drittelpause immer hin stellen kannst, wenn es scheiße läuft. Wie ein treuer Welpe erklärt er dann geduldig, dass man ja nur Männchen machen und Stöckchen holen muss und wird dabei nur noch übertrumpft vom Phrasendreschomat Sheyvrin. Den will ich doch aber in der Drittelpause als Fan nicht hören, wenn es scheiße läuft. Da will ich einen Lindberg, einen Smith, einen Scalzo, Spieler mit Erfahrung, die den Fans auch vermitteln „Wenn das Interview vorbei ist, gehe ich in die Kabine und reiße den Jungs den Arsch auf!“ Wo sind die Leader die sich stellen? Man taucht ab wie der örtliche Wasserballettverein und wirft die Spieler der vierten Reihe den Fans vor. Das ist unwürdig, das ist respektlos. Nicht nur gegenüber den Spielern, sondern auch gegenüber den Fans. Verdienen diese keine Erklärung? Verdienen diese keinen Zuspruch? Wie schmerzlich vermisst man da einen Patrick Pohl, der eindeutig ausformuliert „Na nüschd. Die spielen uns doch her.“ auf die Frage eines Dresdner Journalisten in der zweiten Drittelpause was die Eispiraten unternehmen könnten, um gegen Dresden noch zu gewinnen. Da war noch Herz dabei. Da hat die drohende Niederlage noch geschmerzt. Der entscheidende Unterschied ist jedoch, dass danach raus gegangen wurde und gekämpft wurde und auch wenn André Schietzold öfter mal mit seiner Hitzigkeit über das Ziel hinaus schoss – der wollte. Der Wille zu siegen, der Wille vorwärts zu gehen und der Wille dem Gegner weh zu tun, war da. Für viele gegnerische Spieler war es unangenehm in Crimmitschau zu spielen, weil einen immer eine gewisse körperliche Härte erwartete. Mittlerweile sucht man den Körperkontakt mit dem Gegner so selten, als hätte der die antoninische Pest, wäre Trumpfan und wolle gendern.
Die Eispiraten Crimmitschau befinden sich seit dem zweiten Spieltag kontinuierlich im Playdownbereich. Ich habe über Kritiker gelächelt, habe Erklärungen gefunden – die Verletzungen. Ist doch klar. Wie kann man das nicht verstehen? Den Rest der Liga interessierten meine Erklärungen nicht. Die marschierten weiter. Mittlerweile verbleiben genau 20 Spieltage, um überhaupt 9 Punkte auf Platz 10 und damit den direkten Klassenerhalt einzuholen. Es sind noch 60 Punkte zu vergeben. 60 Punkte, die auch die Gegner wollen und mittlerweile muss man zugeben – Die Eispiraten haben den Anschluss verloren. Der Gegner scheint die Punkte mehr zu wollen und das in nahezu jedem Spiel. Das Team tut zu wenig, ist zu bieder, zu passiv, zu emotionslos. Zu unerfahren, zu wenig eingestellt, weil Keiner Verantwortung übernimmt. Wir haben ja noch Zeit. Crimmitschau kennt die Rolle des Underdogs, aber in den bisherigen Saisons wurde diese wenigstens angenommen. Kann man dies noch von der diesjährigen Mannschaft behaupten? Was mich am meisten ankotzt? Der Gegner hat mehr Bock auf den Puck als wir, selbst, wenn er gar nicht so richtig Bock auf den Puck hat, siehe Kassel.
Crimmitschau besitzt gerade vier Spieler mit einer positiven +/- Bilanz. Scott Feser, Justin Büsing, Mirko Sacher und Colin Smith. Sage und schreibe 22 Spieler haben eine negative +/- Bilanz.
101 Drittel wurden insgesamt mit Verlängerung und Penaltyschießen gespielt, lediglich ein Viertel – 25 Drittel konnten die Eispiraten positiv für sich gestalten. Hier darf man sich durchaus fragen warum es nicht gelingt Rückstände aufzuholen und Führungen zu verteidigen. Der Kredit von 2024 ist mit dem neuen Jahr endgültig aufgebraucht und es gilt sich für 2025 das Vertrauen zurück zu erarbeiten. Auch die Führung der Eispiraten muss sich fragen, ob man von seinen Spielern genug für das gebotene Gehalt bekommt. Crimmitschau spielt Albinoeishockey, nicht mal Alibieishockey, sondern man ist so blass, dass man nur die roten, angsterfüllten Augen bei den unsichtbaren Plünderprinzessinen sieht. Die Zeit für Erklärungen ist vorbei – Jeder Fan erkennt die Ausfälle. Die Verletzungen treffen die Mannschaft auch mit einer unvorhersehbaren Härte. Eins sehen die Fans jedoch auch – es gibt nicht jeder Spieler alles. Mittlerweile verlieren die Fans das Vertrauen ins Team, nicht weil sie das Team nicht unterstützen wollen – Die Eispiraten könnten mehrfach hohe Niederlagen kassieren, wenn die Mannschaft sich als verschworener Haufen präsentiert, der es auch als Underdog dem Gegner mal wieder schwer macht und nicht Spiele abschenkt. Jeder Spieler der sein Herz auf dem Eis lässt und zeigt, dass er stolz ist die Farben unserer Mannschaft zu tragen, bekommt hier die bedingungslose Anerkennung. Jetzt braucht das Team aber auch die Unterstützung der Geschäftsführung. Buschmann und Bauer müssen sich zeigen und die Aufgabe ist keineswegs leicht. In schwierigen sportlichen und wirtschaftlichen Zeiten braucht das Team Impulse von außen. Gezielte Verstärkungen und das zeitnah. Der Überlebenskampf hat schon längst begonnen.
Dennoch glaube ich, als unverbesserlicher Optimist, bis zum letzten Moment daran, dass die Trendwende noch gelingt und auch die zwei Siege gegen Rosenheim und Kaufbeuren sprechen dafür, dass hier noch längst nicht alles verloren ist. Ich wünsche euch zunächst einen guten Rutsch, genießt die Zeit mit euren Liebsten und ich melde mich dann im neuen Jahr wieder mit dem Backcheck. Bleibt gesund und für das Jahr 2025 gilt dann doch – Erfolge sind mir schon ein wenig wichtig …