Personell hat sich bei den Eispiraten erwartungsgemäß nichts getan seit Freitag. Jussi Tuores schickte das gleiche Line-Up wie in Selb aufs Eis, einzig im Tor gab es einen Wechsel, Oleg Shilin stand nach langer Zeit wieder als Starter zwischen den Pfosten und löste damit Christian Schneider ab. Die Gäste aus Bad Nauheim können seit kurzem wieder auf Spiritus rector Tim Coffman zurückgreifen, dafür verließ der im Sahnpark gut bekannte Henri Kanninen unter der Woche die Kurstädter Richtung Kassel.

Gäste übernehmen das Kommando, aber die Eispiraten zeigen sich effektiv

Die Red Devils starteten besser in die Partie, stellten klug die Passwege der Eispiraten zu. Keine schlechte Idee gegen ein verunsichertes Team, und es dauerte auch nicht lange, bis sie dadurch die Hausherren zu ersten Fehlern zwangen. In der westsächsischen Abwehr fehlt es derzeit an Spielern, die auch unter Bedrängnis einen ordentlichen ersten Aufbaupass spielen können. Für Oleg Shilin hieß das von Beginn an Arbeit auf dem Eis. Die erledigte der Deutschrusse aber souverän und kaufte sich einige Bad Nauheimer Chancen. Auf der Gegenseite zeigte dann Vinny Saponari, dass er zur Zeit in Topform ist: einen hoppelnden Puck hielt der Stürmer mit der Kufe im Drittel, kurvte bis vor Kuhn und überwand diesen mit der Rückhand auf der kurzen Seite. Damit waren die Rot-Weißen mit dem ersten richtigen Angriff in Führung gegangen. Und dieses Tor gab dem Spiel Auftrieb: die Gelegenheiten häuften sich in beiden Angriffsdritteln. Als in Minute 14 Lukas Wagner auf der Strafbank Platz nehmen musste, dauerte es dann nur wenige Sekunden, bis Bad Nauheim ausglich: Kaiser ließ die Scheibe schön über den Schläger springen, und Shilin war geschlagen. Als alles nach einem 1:1 zur Pause aussah, liefen die Gastgeber dann noch einen sehr schönen Konter: Dominic Walsh legte kurz vor Kuhn noch einmal quer auf Kapitän Tobias Lindberg, und der erzielte das 2:1. Ein wenig Glück war dabei, denn Shevyrins Aktion vor dem Angriff hätte durchaus eine Strafe nach sich ziehen können, aber diese sehr tolerante Linie zogen die Referees auch später auf der anderen Seite durch.

Aufbaupässe aus der Hölle

In den ersten Minuten des zweiten Durchgangs hatten die Westsachsen dann die besseren Gelegenheiten, und das, obwohl Tobias Lindberg zwischenzeitlich eine Zwei-Minuten-Strafe absaß. Die Eispiraten verteidigten das aber ganz stark, und hatten durch Reichel und Feser sogar gute Chancen, die Führung auszubauen. Kuhn war aber auf dem Posten. Auf der anderen Seite reichte dann wieder einer dieser furchtbaren Aufbaupässe der Crimmitschauer Abwehr, um Coffman die Möglichkeit zu geben, recht allein auf Shilin zuzufahren und das 2:2 zu erzielen. Der entsprechende Querpass entlang der blauen Linie stand schon lange, lange in der Zeitung, und Coffman läßt sich sowas halt nicht entgehen. Wenig später gelang den Gästen dann sogar zum erstenmal die Führung: eine kleine Druckphase veredelte Hickmott in den Winkel. Crimmitschau fand nach dem Ausgleich einfach nicht mehr statt, und die Gäste nutzten das. Erst danach wachten die Eispiraten wieder etwas auf, wurden aber mehrfach sehr robust von Nauheim am Angreifen gehindert. Dass dabei keinerlei Strafe für die Red Devils herumkam, sorgte auf den Rängen durchaus für Mißfallen und war in der Summe dann auch unverständlich. Vielleicht muss man das Match in dieser Phase schon als Vorgeschmack auf eventuelle Play-Down-Runden verstehen, was für die Rot-Weißen Warnung genug sein dürfte, denn der Gegner erwies sich als robuster und hatte damit Erfolg. Andererseits schienen auch wirklich immer nur Eispiraten auf die Strafbank zu müssen, kurz vor Ultimo erwischte es erneut Kapitän Lindberg für eine Aktion, die auf Nauheimer Seite zuvor mehrfach ungeahndet blieb.

Die Effektivität bleibt im Spiel, aber wechselt die Fronten

Die Gäste starteten daraufhin das Schlussdrittel in Überzahl. Und auch, wenn dieses nichts einbrachte, war es trotzdem Bad Nauheim, das den nächsten Stich setzte: Vause lief ohne wirkliche Gegenwehr ins Crimmitschauer Drittel, zog kurz nach der blauen Linie ab, und legte so dem verdutzten Shilin das 2:4 ins Netz. Kurz darauf konnten die Zuschauer im Sahnpark aber wieder Hoffnung schöpfen: im ersten Powerplay der Westsachsen erkämpften sich die Rot-Weißen den Anschlusstreffer, als Bettahars Schuss von Feser an den Schläger von Lindberg abgefälscht wurde. Von dort hoppelte die Scheibe ins Netz. Aber wenn es in dieser Saison ein Motto der Eispiraten gibt, dann lautet es: wie gewonnen, so zerronnen. Bad Nauheim musste nur auf den nächsten Fehler warten, und der kam zuverlässig. Im eigenen Scheibenbesitz servierte Roman Zap Gaidel den Puck, und der zog sofort ab, tunnelte Shilin zum 3:5 und damit zur Entscheidung. Und man muss es so sagen: genau wie beim vierten Nauheimer Tor hätte der Shilin der Vorsaison die Scheibe mit der Mütze gefangen, dieses Jahr leider nicht.

Ein letztes Anrennen der Rot-Weißen gegen Ende der Partie brachte die Gäste nicht übermäßig in Bedrängnis, und so konnten die Hessen letztlich die Rote Laterne im Sahnpark lassen. Daß drei der Nauheimer Tore ohne Assistgeber in den Statistiken auftauchen, ist folgerichtig, denn die Kurstädter mussten ja nur die Risikopässe der Rot-Weißen abfangen.

Die Eispiraten haben derzeit einfach zu viele Baustellen, um wirklich konkurrenzfähig zu sein. Da wären zum einen die Goalies, die in dieser Saison keine Spiele retten können. Die Fangquoten aller drei eingesetzten Torhüter lügen nicht. Da wäre die Defensive, die unglaublich unsicher agiert, wenn der Gegner Druck ausübt, und kaum einen vernünftigen Aufbaupass hinbekommt. Klar wiegt der Ausfall von Mirko Sacher schwer, aber von Spielern mit der Vita eines Kreutzer oder Shevyrin muss man mehr erwarten können als das Gezeigte. Und dann wäre da noch die Abteilung Angriff: auch heute gingen die Eispiraten wieder mit mehr Schüssen als der Gegner aus der Partie, am Ende lag man zwei Tore hinten, und da muss dann auch die Schussqualität hinterfragt werden, nicht in jedem Match steht ein Stettmer auf der Gegenseite im Kasten. 12.5 Schüsse pro Tor brauchen die Rot-Weißen, für ein Gegentor reichen den Kontrahenten 8.6 Schüsse. Diese Diskrepanz ist der Schlüssel zur Krise bei den Westsachsen.

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