Outdoor-Spektakel am Schanzenauslauf der Ski-Arena in Klingenthal, das erste Spiel des „Hockey-Outdoor-Triple 2024“ gleich der Vergleich der sächsischen Erzrivalen, Crimmitschau duellierte sich mit den geliebten Landeshauptstädtern. Auf Seiten der Eispiraten konnte erstmals nach langer Verletzungspause Colin Smith wieder mitwirken, für Oleg Shilin kam die Partie noch zu früh.
Rot-weiße überrennen den Gegner
Viel Abtasten gab es nicht, gleich von Beginn an waren die Visiere oben, und während den Gästen aus Dresden nicht all zu viel gelang, schafften es die Eispiraten immer wieder, sich schnell bis vor das Eislöwentor zu spielen und aus den Birken auf Betriebstemperatur zu bringen. Colin Smith als kongenialer Partner von Tobias Lindberg tat Reihe 1 gut, nach zehn Spielminuten brachte das auch den ersten Erfolg: Lindberg zog mit Speed ins Angriffsdrittel, bediente den mitgelaufenen Max Balinson, und der knallte die Scheibe humorlos in die Maschen zur verdienten 1:0-Führung. Auch die konstanteste Eispiraten-Formation der Saison mit Reichel, Zikmund und Saponari hatte in der Folge viele gute Aktionen und beschäftigte Dresden lange in der Defensive. Die beste Chance zum 2:0, einen Schuss von Verbeek in Überzahl, entschärfte der Dresdner Schlussmann. Bei den nur sehr gelegentlich auftretenden Chancen der Sprengigel zeigte sich Christian Schneider auf der Höhe, besonders gegen Andres hielt der seit Wochen in überragender Form auflaufende Goalie richtig stark. Nachdem die Westsachsen ein Powerplay schadlos überstanden hatten, zogen sie noch einmal an und belohnten sich für ihr überlegenes Spiel mit dem zweiten Treffer. Willy Rudert setzte an der Bande einem hoppelnden Puck energisch nach, überlief den Dresdner Verteidiger und zog bis seitlich vors Tor. Seinen finalen Pass auf den mitgelaufenen Justin Büsing lenkte der Eislöwe dann mit dem Schläger ins eigene Tor. Starke Energieleistung der vierten Reihe. Hätte Dominic Walsh sein Tänzchen durch die Abwehrreihen wenig später mit dem 3:0 beendet, wäre es schon nach 20 Minuten richtig bitter für Dresden geworden. So blieb es bei einem hochverdienten 2:0.
Dresden findet dann auch mal statt
Wer nun ein Anrennen der Eislöwen im Mittelabschnitt erwartet hatte, lag zunächst einmal falsch. Es änderte sich in den ersten Minuten nicht viel an der Crimmitschauer Überlegenheit, und nachdem schon Rudert mit seinem ersten Saisontor im Outdoorspiel vorgelegt hatte, wollte Ole Olleff nicht nachstehen. Einen guten Screen von Vinny Saponari nutzte der baumlange Defender, sein knallharter Blueliner landete im Winkel. Das schien dann aber der endgültige Weckruf für den Gegner gewesen zu sein, denn plötzlich fand Dresden auch einmal statt, die Landeshauptstädter legten ihre eigentümliche Lethargie ab, spielten mehr auf den Körper und brachten die Eispiraten so in ein paar Minuten in größere Bedrängnis als im kompletten Anfangsdrittel. Lohn der Mühe war das 3:1, einen Abpraller von der Bande hinterm Tor versenkte Rundqvist mit der Rückhand. Nur vier Zeigerumdrehungen später folgte dann gar das 3:2, Rausch hatte von der blauen Linie die Lücke zwischen einem ganzen Bündel an rot- und blau-weißen Spielern gefunden, Schneider sah den Puck erst viel zu spät, um noch zu reagieren. Es wurde dann kurzzeitig etwas ruppiger auf dem Eis, ein folgerichtiges Powerplay der Eispiraten sollte die Partie wieder in die richtige Richtung lenken. Max Balinson auf halbrechts freispielen, das ist mittlerweile ein Erfolgsrezept des Crimmitschauer Überzahlspiels, und es sollte auch diesmal funktionieren. Der beste Offensivverteidiger der Liga tunnelte mit seinem knallharten Abschluss aus den Birken, der nunmehr schon zwanzigste Saisontreffer des Deutschkanadiers, den auch Experte Rick Goldmann bei der MDR-Übertragung mehrfach als spielbestimmenden Akteur adelte. Auf der Gegenseite durften sich wenig später dann auch die Gäste im Powerplay üben, und auch wenn die eher kleinliche Strafzeit gegen Henri Kanninen gerade abgelaufen war: es hatte Erfolg. Ein Pfostentreffer von Suvanto prallte genau auf die Kelle von Andres, der das 4:3 erzielte. Gut, daß sich die Eislöwen in Person von Torschütze Andres ebenfalls eine (genau so kleinliche) Strafe abholten, denn dadurch kam der Angriffsdruck der Dresdner bis zum Ende des Drittels etwas zum Erliegen und die Eispiraten retteten das 4:3 in die Pause.
Wenn aus den Birken aufgibt, haste viel richtig gemacht
„Das wird noch ein hartes Stück Arbeit“ dachten sich wohl die meisten der im Stadion in der haushohen Überzahl befindlichen und auch stimmungstechnisch dominierenden Crimmitschauer Anhänger. Gerade gegen Dresden gab es ja in der Vergangenheit das ein oder andere Match, das zum Ende hin noch komplett kippte. Aber das sahen die Spieler in Rot und Weiß unten auf dem Eis zum Glück völlig anders. Nach dem Reset in der zweiten Drittelpause machten die Eispiraten Nägel mit Köpfen, drückten die Eislöwen wieder wie in Drittel 1 in ihre Verteidigungszone zurück, dominierten das Spiel und trafen. Thomas Reichel zog bei einem Konter unwiderstehlich an der rechten Bande entlang, bediente punktgenau Henri Kanninen, und der machte mit dem 5:3 klar, dass die Eispiraten sich hier die Butter nicht mehr vom Brot nehmen lassen wollten. Es folgte eine weitere Crimmitschauer Druckphase, die mit dem 6:3 endete: Colin Smith eroberte die Scheibe hinterm Tor, wusste aus dem Effeff, wohin sich Sturmpartner Tobias Lindberg bewegen würde und bediente diesen sauber, der Rest war Formsache. Wer dann noch Fragen hatte, konnte sich an Thomas Reichel wenden: der im Schlussabschnitt auffälligste Akteur fing kurz nach dem finalen Seitenwechsel – in Outdoorgames wird in Minute 50 noch einmal getauscht – einen verunglückten Aufbaupass der Dresdner noch in deren Drittel ab, hatte die Geduld, sich in Abschlussposition zu bringen, und überwand aus den Birken zum 7:3 halbhoch rechts. Genug für den olympischen Silbermedaillengewinner, um seinen Arbeitstag für beendet zu erklären und dem jungen Pascal Seidel noch ein paar Minuten Eiszeit zu überlassen. Der hielt dann sein Gehäuse für den Rest der Partie zwar sauber, Christian Schneider auf der Gegenseite aber auch, so dass es beim deutlichen und verdienten Crimmitschauer 7:3-Erfolg blieb.
Mit diesem Sieg sind die Eispiraten auch rechnerisch aus jeder Eventualität, doch noch in die Playdowns zu rutschen, heraus. Der vorzeitige Klassenerhalt als Zwischenziel ist geschafft, doch bei dem, was diese Truppe in der Saison 2023/2024 bislang aufs Eis gebracht hat, darf man auch gerne einmal nach Höherem als dem Klassenerhalt schielen. Deshalb gilt an dieser Stelle auch ausdrücklich den Spielern Dank, die es gestern nicht ins Lineup dieses besonderen Spiels geschafft haben: Oleg Shilin, Yannic Schulze, Jannis Kälble und Lucas Böttcher.
In den verbleibenden vier Spielen der Hauptrunde können sich die Rot-Weißen das Heimrecht in den PlayOffs sichern, und mit der Energie und Spielfreude, die sie in Klingenthal an den Tag gelegt haben, sollte das auch kein Hexenwerk sein.