Am vergangenen Wochenende gab es in Crimmitschau wie auch an vielen anderen Standorten der DEL 2 die Mannschaftspräsentationen. Für einige Teams ist das erste Testspielwochenende Geschichte, die Eistrainigseinheiten laufen. Im dritten und abschließenden Teil des Pre-Season-Checks werden die vier Top-Favoriten der Liga sowie das Überraschungsteam der Vorsaison ins Visier genommen.
Ravensburg: Die Messlatte für den neuen Trainer liegt sehr hoch
In der Nähe des schönen Bodensees konnten die Puzzlestädter im April die zweite DEL2-Meisterschaft feiern und auch in der kommenden Saison wird mit den Tower Stars einmal mehr stark zu rechnen sein, obwohl es einen kleineren Umbruch im Team geben wird. So wird Erfolgstrainer Peter Russell nicht mehr an der Bande stehen, der sympathische Schotte kehrt auf die Insel zurück, wenngleich erst einmal nur nach Wales. Sein Nachfolger Gergely Majoross kennt die DEL 2 noch nicht, hat aber in der Vergangenheit in der slowakischen ersten Liga mehrfach bewiesen, dass er seine Teams in die PlayOffs bringen kann. Beide Meistertitel im Trikot der ToweStars feierte auch Jonas Langmann, der nach 6 Spielzeiten sein Glück in der kommenden Saison in Bayreuth suchte, aber nach deren DEL2-Aus nunmehr in Landshut unter Vertrag steht. Für die vakante Position im Tor bedienten sich die Verantwortlichen ausgerechnet bei den Eispiraten, Ilya Sharipov dürfte Langmann adäquat ersetzen, hoffentlich aber bei Gastspielen im Sahnpark nicht die gewohnte Leistung bringen… Verlassen werden das Schussental unter anderem auch der torgefährliche Josh MacDonald, Vincent Hessler, Marvin Feigl und Daniel Schwaiger. Die Abgänge schmerzen aber in dem in Ravensburg üblichen riesigen Kader eher wenig, schließlich hat man ja noch die Meisterspieler Charlie Sarault, Fabian Dietz, Sam Herr, Maximilian Hadraschek und Robbie Czarnik, um nur ein paar wenige zu nennen, deren Vertrag verlängert wurde.
Aufgefüllt wird der bereits 28 Spieler umfassende große Kader mit Lukas Mühlbauer vom EV Landshut, aus dem Team der Jungadler Mannheim wechseln mit Rolf Rollinger und Lukas Bender zwei hoffnungsvolle Talente nach Ravensburg. Torjäger MacDonald soll der kanadische Center Matt Alfaro ersetzen, der 26jährige kommt von den Abbotford Cannucks und bringt Erfahrung aus ECHL und AHL mit. Sofern das System des neuen Trainers greift, müssen künftige Meisteranwärter an den Tower Stars vorbei.
Freiburg: Die jährliche Wundertüte
Wenn man vor einer Saison nie weiß, ob man oben oder unten mitspielt, dann dürfte man sich im Breisgau befinden. Von Play-Off-Halbfinale bis PlayDowns ist im Südwesten der Republik immer alles denkbar. Die Nervosität und das Drohen der PlayDowns bekam Coach Robert Hoffmann kurz vor Ende der Hauptrunde zu spüren und wurde von seinen Aufgaben entbunden. Das Team schaffte zwar den 8. Platz, musste aber trotzdem bereits in den Pre-PlayOffs die Segel streichen. Somit waren die Verantwortlichen den Sommer über auch mit der Trainersuche beschäftigt, fündig wurde man in der Slowakei und in Island, wo man mit Timo Saarikoski und Sami Lehtinen zwei finnische Trainer binden konnte.
Nachdem man kurz zuvor schon dem Gesicht des Freiburger Eishockeys Nicolas Linsenmaier den Vertrag für eine weitere Spielzeit vorlegte, verlängerten die Breisgauer trotz Verletzung und vorzeitigem Saisonaus früh mit Goalie Patrick Cerveny, dessen Absicherung bildet weiterhin Luis Benzing. Es folgten, Marvin Neher, Christian Billich, lennart Otten sowie Kapitän Simom Danner. Ein weiteres Urgestein wird aber nach 546 Spielen im Freiburger Trikot seine Schlittschuhe in Freiburg an den Nagel hängen, Marc Wittfoth beendet seine Karriere. Außerdem verlassen Christoph Kiefersauer (Lausitz), Tor Immo (Trencin), Jackson Cressey (Bietigheim) und Hagen Kaisler (Rosenheim) das Breisgau.
Der finnische Trainer hat sicherlich in den vergangenen Spielzeiten in der Slowakei die Vorzüge von Sameli Ventelä erkannt, der bereits mit der finnischen Meisterschaft, „Rookie oft the Year“ und „Playoff MVP“ einige Trophäen gesammelt hat, und zuletzt trotz des Rufes als Defensivspezialist in ersten slowakischen Liga 60 Scorerpunkte auf seinem Konto verbuchen konnte. Von Hannover loseisen konnten die Wölfe Parker Bowles, der mit 169 Scorerpunkten in 101 Spielen in der Oberliga durchaus weiß, wo das Tor steht. Seine erste Station in Deutschland haben wird Nick Master, von dem die Verantwortlichen erwarten, genau den Mittelstürmer gefunden zu haben, der das Team weiter nach vorne bringen soll, man wird sehen, was dieses Experiment bringen wird. Bei Valentino Klos aus Wolfsburg und auch bei Alex Roach (Kölner Haie) weiß man da sicher, was man hat, zu letzterem gesellt sich Bruder Jesse aus Bayreuth.
Bietigheim-Bissingen: Schnell zurück ins Oberhaus?
Wer in 8 Jahren Anwesenheit in der DEL 2 dreimal Meister wird und davor in der 2. Liga auch noch zweimal, hat es auch irgendwann mal verdient, aufzusteigen. So waren die Steelers im Jahr 2021 das erste Team, das nach langem Hin und Her um die Auf- und Abstiegsregel im deutschen Eishockey endlich nicht mal um die goldene Ananas spielte. Es folgten zwei Jahre DEL und im Ellental bewahrheitete sich die alte Binsenweisheit, dass das zweite Jahr das schwerste ist. Und so finden sich die Steelers wieder dort, wo es Ihnen in den letzten Jahren am besten gefallen hat. Blöd nur, dass sich der Dauerrivale aus dem 30 Kilometer entfernten Heilbronn aus der DEL 2 verabschiedet hat und es damit kein Derby gibt.
Im Ellental will man wieder hoch in die DEL, die Aufstiegsbürgschaft wurde hinterlegt und die Kooperation mit den Adlern Mannheim festgemacht, allerdings müssen auch 21 Abgänge kompensiert werden, viele Spieler haben in der DEL andere Vereine gefunden, aber auch die DEL 2-Konkurrenz bediente sich erst einmal im Abstiegssortiment der Steelersunter anderem Benjamin Zientek (Landshut), Lucas Flade (Regensburg), C.J. Stretch (Rosenheim) oder Danlie Weiß (Bad Nauheim).
So startet man im Ellental mit einem fast komplett neuen Kader inklusive neuem Trainer, Ex-Steelers-Spieler Dean Fedorchuk versucht sich an alter Wirkungsstätte erstmals als Headcoach, was ein gewisses Risiko mit sich bringen könnte. Im Tor sollen es die letztjährige Nummer 2 Leon Doubrawa und Olafr Schmidt richten, dessen letztjähriger Auftritt in Bayreuth war wohl eher durchschnittlich geprägt. Vor den zwei Goalies befindet sich eine geballte Ladung an DEL2-Erfahrung, Pascal Zerressen (Krefeld), Max Prommersberger in seinem 10. Jahr im SCB-Trikot und der ECHL-erfahrene Verteidiger Cole MacDonald (Wichita Thunder) räumen auf, und im gegnerischen Drittel sollen unter anderem Ryon Moser (Frankfurt), Jack Doremus (Landshut), Jackson Cressey (Freiburg) und Alexander Preibisch, der auch schon ins siebte Jahr im Steelers-Trikot geht, für Wirbel sorgen.
Inwieweit es für die Steelers reicht, am Ende den Meisterpokal in die Höhe zu strecken, ist aber eher fraglich. Am vergangen Wochenende jedenfalls erhielten sie in Regensburg den ersten Willkommensgruß, verloren mit 3:4 und wissen schon mal, wie der Wind in der Liga weht.
Krefeld: Von der NHL zurück zur alten Liebe
Familie, Heimat, Nähe – so der Slogan der Krefeld Pinguine. Und daran schien sich auch ein Krefelder Junge zu erinnern, der nach 193 Spielen in Krefeld dem Rheinland für 14 Jahre vorerst den Rücken kehrte, um in Nordamerika als Verteidiger in 789 Spielen in der NHL 267 Punkte zu sammeln, zwischendurch für die Deutsche Nationalmannschaft mehrere Weltmeisterschaften und Olympische Spiele bestritt, um dann 2019 die Karriere zu beenden. Doch was ein Jaromir Jagr in Tschechien kann, das kann ein Christian Ehrhoff mit 41 Jahre sicherlich auch und so dürfen die Fans der Pinguine sich auf die Rückkehr einer Krefelder Gallionsfigur auf dem Eis freuen und sicher werden auch die Fans der gegnerischen Teams aus diesem Grund den Spielen gegen Krefeld entgegen fiebern.
Einen kleinen Rückschlag mussten die Verantwortlichen aber doch hinnehmen, Goalgetter und letztjähriger Goldhelm Marcel Müller zog im Juli die Option DEL und wechselt nach Straubing. Und es gehen auch noch einige weitere bekannte Namen wie Zach Magwood (Djugardens), Goalie Sergej Belov (Novokusnezk), Odeen Tufto und Davis Koch ( beide Iowa). Um die im letzten Jahr gescheiterte Mission Aufstieg zu realisieren, bastelte man am Niederrhein aber an einem durchaus ernst zu nehmenden Kader. So bedienten sich die Pinguine in der DEL 2 und holten aus Bad Nauheim deren starken Rückhalt Felix Bick, dazu aus Ravensburg deren Goldhelm Josh MacDonald, den gern stänkernden Christian Kretschmann aus Bayreuth und Philipp Kuhnekath aus Dresden. Königstransfer dürfte aner Jon Matsumoto von den Kölner Haien sein, der auf 490 Spiele in der DEL, 517 Spiele in der AHL und auch auf 14 Spiele in der NHL zurück blicken kann, viel Erfahrung und dazu ein deutscher Pass, was will man mehr. Mit Kevin Niedenz (Köln) und Eric Buschmann (Iserlohn) sowie dem Finnen Alexander Ruutu ergänzt dürfte der letztjährige Kader genauso gefährlich sein wie in der abgelaufenen Spielzeit.
Bad Nauheim: In Gallier-Manier die anderen ärgern
Wer dachte, dass nach eriner historischen Saison 2021/2022 mit der erstmaligen Teinahme an einem Halbfinale lange nix kommt, der dürfte sich im April diesen Jahres verwundert die Augen gerieben haben. „Langenix“ – um mit gallischen Namen zu sprechen – kam tatsächlich und setzte noch einen drauf. Coach Harry Lange setzte sich in der Kurstadt wahrscheinlich selbst ein Denkmal mit seiner Überraschungsmannschaft.Als Tabellensechster der Hauptrunde sweepten die Hessen erst einmal locker Kaufbeuren aus den PlayOffs, um danach höchstpersönlich dafür zu sorgen, dass das Hessenderby in der Liga bleibt, denn Hauptrundenprimus Kassel ging im Kurpark wahrlich durch die Hölle und könnte dem Höhenflug der Roten Teufel nur wenig entgegen setzen – nach 6 Spielen war der Deckel drauf und die 30.000-Einwohner-Stadt spielte im Finale um die deutsche Zweitligameisterschaft. Am Ende erwies sich dort wie in der Vorsaison im Halbfinale Ravensburg als eine Nummer zu groß, doch den Titel Vizemeister nimmt man dort gern mit.
Erfolg weckt Begehrlichkeiten, im Gegensatz zur Vorsaison müssen die Nauheimer mit teilweise schmerzlichen Abgängen leben, so zum Beispiel das PlayOff-Monster Felix Bick im Tor. Auch Philipp Wachter (Freiburg), Mick Köhler (Augburg) und David Cerny (Krefeld) laufen nicht mehr im Teufel-Trikot auf. Ebenso die Oublikumslieblinge Huba Sekesi, der verletzungs- und berufsbedingt seine Karriere beendet, ebenso wie Kultfigur Andreas Pauli, der nach 8 Jahren in Bad Nauheim seine Schlittschuhe an den Nagel hängt. Dennoch kann man in der kommenden Saison auf die Dienste der vertrauten Kontigentspieler Jerry Polastre, Jordan Hickmott und Tim Coffman bauen, neu im Team zu integrieren sind unter anderem Leo Hafenrichter, Pascal Steck (beide Köln), Paul Reiner (Frankfurt), Alexander Dersch (Landshut) und Kevin Orendorz (Freiburg). Gelingt dies Harry Lange, dann steht einem Ritt auf der derzeitigen Euphoriewelle in der Wetterau nichts entgegen.
Kassel: Neuer Anlauf nach hartem Aufschlag
Tabellenerster mit 131 Punkten, 38 Punkte vor dem Zweiten, mit 212 geschossenen Tore knapp 40 Tore mehr als der Zweite, nur 109 Gegentore in 52 Spielen, die Hauptrunde war schon überragend. Und dann? Wie heißt es doch so schön: „Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt“. Der böse Nachbar kam in dem Fall aus Bad Nauheim und spuckte den Kasselern gehörigst in die Aufstiegssuppe, sicherte sich damit die Derbies in der kommenden Saison und rettete mit dem Rausschmiss des Derbyrivalen nebenbei den Augsburger Verbleib in der DEL.
Dennoch bewahrten die Verantwortlichen Ruhe in Nordhessen, der Großteil des überragenden Kaders blieb an der Wilhelmshöhe und soll die Aufstiegsmission 3.0 von Trainer Bo Subr realisieren, lediglich im Tor gibt es einen kompletten Wechsel, denn Jake Kielly schließt sich dem schottischen Glasgow Clan an, während Jerry Kuhn etwas weiter nordwärts zieht und bei den Hannover Scorpions bei der Mission Aufstieg mitwirken will. Brandon Maxwell aus Malmö als künftige Nummer 1 soll diese Lücke füllen, vorherige 3 Jahre Erfahrung in der DEL in Bremerhaven dürften dabei nicht hinderlich sein. Der Großteil der wenigen anderen Neuzugänge kommt mit Andrew Bodnarchuk (Nürnberg), Marcus Freis, Carson McMillan ( beide Frankfurt), Louis Brune (Ingolstadt) und Yannik Valenti (Straubing) aus der DEL und soll helfen, den in der in „Nordhessen-Arena“ umbenannten Kasseler Eissporthalle nach 14 unendlichen Jahren ersehnten Aufstieg zu schaffen.