Die Berliner Band „Die Ärzte“ hat einst einen tollen Song hervorgebracht: „Sommer, Palmen, Sonnenschein – was kann schöner sein?“ und hier setzen wir an: „…mit Eishockey kann es noch schöner sein…“, erst recht, weil es temperaturmäßig draussen eher herbstlich ist…
Schauen wir – bevor wir nach vorn blicken – noch einmal ganz kurz zusammenfassend zurück: Mit der dem Gewinn des Stanley-Cups vor wenigen Wochen haben die Las Vegas Knights die Saison 2022/2023 international offiziell beendet. Davor hat Deutschland als Nation in einer historischen WM Geschichte geschrieben und unser Land, unser Wappen, unsere Hymne und unsere Farben mit Stolz, Kampfeswille und Leidenschaft der Welt präsentiert und damit gezeigt, dass der Spirit, als Fan an sein Land zu glauben und hinter diesem Team zu stehen, im Gegensatz zu anderen Sportarten nicht verloren gegangen ist und hoffentlich Signalwirkung für andere Sportverbände hat.
In der DEL holte Red Bull München seinen fünften Meistertitel, wenig überraschend wenn man die gesamte Saison anschaut. Etwas überraschender ging es in unserer schönen DEL 2 zu, denn dort zeigten sich der EC Bad Nauheim und die Ravensburg Tower Stars als so richtigte Partycrasher und schmissen die aufstiegsambitionierten Teams aus Kassel und Krefeld aus dem Rennen und retteteten damit den Verbleib der wohl gern in unserer Liga gesehenen Augsburger Panther in der DEL. Und nach unten verabschiedeten sich mit den Heilbronner Falken ein Team in die Oberliga, das wohl wenige als Absteiger getippt hätten. Ein wenig Karma schlug dabei zurück, denn im Vorfeld der Playdowns wurden die Gegner der Falken von deren Fans als „letzter Dreck der Welt“ bezeichnet. Seis drum, nach langem Warten kommt ein Traditionsverein aus der Oberliga wieder zurück ins deutsche Unterhaus, die Starbulls Rosenheim schafften nach einer unfassbaren Serie den Sprung aus dem Haifischbecken Oberliga und sind wieder Bestandteil der DEL 2.
Jetzt geht diese Liga ins 11. Jahr und wir beginnen in unserem ersten Teil des alljährlichen Pre-Season Checks wie immer kurz mit den Eispiraten, um dann dann tief gen Osten und und nach Oberfranken zu blicken…
Crimmitschau: Abschied von Urgesteinen
Wer dachte, dass André Schietzold und Patrick Pohl mal mit grauen Haaren über das Crimmitschauer Eis schleichen, wird tief enttäuscht sein. Beide Crimmitschauer Dauerbrenner tragen in der kommenden Saison andere Trikots und schließen sich Teams in der Oberliga an, André Schietzold hat es mit Leipzig gar nicht so weit von seiner Heimat, während Patrick Pohl sein Schweinchen Pumba in seiner Freizeit nun in den Auen von Mellendorf in der Wedemark ausführen wird, wo die Hannover Scorpions ihr Domizil haben. Das die Eispiraten vor einem Umbruch stehen, zeigen auch die Abgänge von Timo Gams und Nick Walthers (beide Saale Bulls Halle), Mathieu Lemay (Nottingham), Jasper Lindsten (TPS Turku), Tyler Gron (unbekannt), Filip Reisnecker (Schwenningen) und Taylor Doherty (Karriereende). Auch Ilya Sharipov (Ravensburg) trägt nicht mehr das Crimmitschauer Trikot, im Tor erhalten die Eispiraten aber mit Oleg Shirin von den Kölner Haien einen adäquaten Ersatz.
Coach Jussi Tuores bastelt mit Co Esbjörn Hofverberg derweil weiter am Team, einige Neuzugänge ließen bereits vom Namen her aufhorchen, so unter anderem Vinny Saponari (Augsburg), Thomas Reichel (Wolfsburg), Sören Sturm (Bad Tölz) und der reaktivierte Colin Smith, der nach einem Jahr Pause und vorherigen durchweg hochklassigen Ligaeinsätzen nochmal den Angriff im Profisport wagen will, sicherlich wird ihm Tobias Lindberg (Vitkovice) dabei helfen, mit welchem er zusammen in zwei Teams der schwedischen ersten Liga bereits zusammen spielte. Ein paar vertraute Gesichter bleiben aber dennoch in Westsachsen erhalten, so verlängerten unter anderem Henri Kanninen, Mario Scalzo, Felix Thomas, Scott Feser und Willy Rudert ihre Verträge.
Dresden: Mit beständigem Team Angriff 2.0 auf die DEL?
Vielleicht wäre etwas drin gewesen im letztjährigen Aufstiegsrennen, wenn man nicht ausgerechnet in der ersten Runde auf den anderen Aufstiegskandidaten aus Krefeld getroffen wäre. Die Rheinländer und die Elbflorenzler schenkten sich in der ersten Runde nichts, Krefeld führte sogar in der Serie 3:0, aber Dresden zeigte eine im Elbtal eher in solchen Situationen seltene Kampfesmoral und kam zurück, musste sich aber im Spiel 7 letztlich geschlagen geben. Die vergangene Saison kann man also im Elbtal durchaus als erfolgreich bezeichnen – selten zuvor waren Anspruch und Wirklichkeit so nah beieinander. Und das macht sich auch in der Kaderzusammenstellung bemerkbar, denn diesmal gibt es kein großes Ausmisten und der Großteil des Teams bleibt zusammen. Lediglich der Abgang von Topscorer Jordan Knackstedt passt da nicht so ins Bild. Wer ihn ersetzen soll, ist noch nicht so wirklich schlüssig, denn so richtigte Kracher aus höherklassigen Ligen sind bisher nicht zu verzeichnen, es wurden bisher lediglich Abgänge wie Vladislav Filin, Maximilian Kolb (beide Weiden), Mike Schmitz (Frankfurt) und Philipp Kuhnekath (Krefeld) durch Zugänge wie Garret Pruden und Daniel Bindels (beide Bayreuth), Vincent Hessler (Ravensburg) und Lukas Koziol (Hannover) adäquat ersetzt. 25 Spieler stehen bereits unter Vertrag, viel mehr wird es bis Saisonbeginn nicht geben.
Weißwasser: Wer ersetzt Hunter Garlent?
Eine traurige Nachricht erhielten die Lausitzer Füchse ebenso wie Eishockeydeutschland am 19. Juli, Ex-Fuchs und Topscorer Mike Hammond kam mit nur 33 Jahren in Kanada bei einem Autounfall ums Leben. Aber es gab einmal mehr auch gute Nachrichten aus der Lausitz, der gebürtige Weißwasseraner Arno Tiefensee wurde beim NHL-Draft 2023 an 157. Stelle von den Dallas Stars ausgewählt, die sich damit die Rechte am 21-jährigen Goalie sicherten. Der im Nachwuchs des Eissport Weißwasser e.V. groß gewordene Goalie stand zuletzt bei den Adler Mannheim unter Vertrag und absolvierte Spiele für die Heilbronner Falken in der DEL 2. Damit zeigt sich einmal mehr die ausgezeichnete Eishockeyschule in der ostsächsichen Provinz.
In Sachen Kaderplanung ist in der Lausitz noch etwas Zurückhaltung zu spüren, es gilt unter anderem Abgänge wie Topscorer Hunter Garlent (Thurgau), Steve Hanusch (Selb), Maximilian Adam (Krefeld) und Tim Detig (Heilbronn) zu ersetzen. Gerade Garlent zu ersetzen wird sicherlich schwer werden, der aus Cardiff wechselnde Kanadier Jake Coughler müsste sehr große Füße haben, um in die Fußstapfen des ehemaligen Goldhelms zu passen. Auch die anderen Zugänge wie der kanadische Angreifer Samuel Dove-McFalls (Fort Wayne Komets), Sam Ruopp (Belfast), Lukas Valasek (Halle) und Marlon Braun (Eisbären Berlin Juniors) klingen noch nicht so überzeugend, so dass man sich auf altbewährte Leistungsträger wie Roope Mäkitalo, Clarke Breitkreutz, Dominic Bohac und Toni Ritter verlässt. Doch gerade in der Lausitz zeigte sich in den vergangenen Jahren, dass es immer wieder gelingt, aus dem machbaren das Maximale heraus zu holen – und das wird auch in der kommenden Saison so sein, zumal mit Sicherheit noch mit weiteren Verpflichtungen bis Saisonbeginn zu rechnen ist. Vom DEL-2-Aus der Bayreuth Tigers profitierte man zuletzt dahingehend, dass mit Christoph Kiefersauer aus Freiburg kommend ein gestandener ligaerfahrener Profi an die polnische Grenze wechselt. Und beim Leerfegen des Tigerkäfigs wurde kurz darauf tatsächlich der Kampfzwerg Ville Järvelainen entdeckt, der dann wohl trotz seiner geringen Größe in die Fußstapfen von Hunter Garlent passen dürfte…
Selb: Weg von den PlayDown-Rängen
Aufstieg aus der Oberliga und zwei Jahre über die PlayDowns die Klasse gehalten, jetzt will man sich in Oberfranken in der Liga etwas etablieren und schielt etwas nach oben. Nach einigen Vertragsverlängerungen, unter anderem mit Michael Bitzer, Lukas Vantuch, Nick Miglio, Richard Gelke und Peter Trska liegt der Fokus auf Verstärkungen, die das team oberhalb des Striches ansiedeln sollen. So wussten die Oberfranken mit Zugängen wie Jordan Knackstedt (Dresden), Steve Hanusch (Weisswasser) und Oberliga Topscorer Donat Peter (Memmingen) durchaus zu überraschen. Und wenn sich dazu noch ein Frank Hördler dazu gesellt, der nach 20 Jahren, 1026 Partien in der höchsten deutschen Spielklasse, neun Meistertiteln, Gewinn der European Trophy und 123 A-Länderspielen von den Eisbären Berlin zurück in seine Heimat kommt, dann ist offensichtlich, dass die oberfränkische 15.000-Seelen-Gemeinde in die DEL 2 gekommen ist, um zu bleiben.
Bayreuth: Sommertheater 2023 in der Festspielstadt bedeutet Abschied aus der DEL 2
Hoch gehandelt in die Saison gestartet, am Ende mit einem Starensemble Tabellenletzter und erneut vom Abstiegsgespenst geprügelt und dennoch einmal mehr dem sportlichem Worst-Case-Szenario entronnen – um Fan der Bayreuth Tigers zu sein, muss man schon etwas masochistisch veranlagt sein. Am Ende war erstmal sportlich alles gut, doch weil zum Masochismus auch noch etwas Sadismus gehört, ging es für die Planung der neuen Saison dann erst richtig los: Lizenzverweigerung durch die Ligenleitung, der Kampf um den Verbleib durch die Hintertür auf gerichtlichem Weg und nebenbei Antrag auf Lizensierung in der Oberliga. Am Ende zogen die Verantwortlichen die Klage zurück, was auch den Wegfall des westsächsisch-fränkischen Derbys bedeutet.
Damit startet die Liga wie gewohnt mit 14 Teams und regulärem Modus und es wird am Ende der Saison ein Absteiger ausgespielt. Den Bayreuth Tigers und deren Fans wünschen wir an dieser Stelle alles Gute in der Oberliga und hoffentlich baldige Rückkehr.