Ein schlechtes Drittel, ein besseres Drittel und ein So-Lala-Drittel – so heute im Sahnpark von den Hausherren zu sehen. Im Schnitt halt so lala und damit ein genaues Abbild dessen, was die Crimmitschauer Mannschaft der Saison 2022/2023 treffend beschreibt und womit man, behält man diese Charakteristik bei, am Ende eines der vier Teams sein wird, die den Absteiger aus der DEL2 unter sich ausspielen. Für einen Sieg über den Gegner aus Selb reicht so ein Auftritt mittlerweile eh schon nicht mehr aus.
Das schlimme Drittel
Voll schön ist es, wenn man aus Fehlern die richtigen Schlüsse zieht. Mal angenommen, man würde gegen z.B. Dresden ganz, ganz schlecht und schlafmützig ins Spiel kommen, schnell deutlich zurückliegen, um dann mit viel Kraftaufwand einem Rückstand hinterherzulaufen. Dann könnte man beim nächsten Match gegen, sagen wir mal: Selb, daraus gelernt haben, und gleich von Beginn an hellwach dabei sein. So weit die Theorie. In der Praxis passiert bei den Eispiraten dieser Saison leider Folgendes: man überlässt dem Gegner in diesem schon im Vorfeld zur wichtigsten Partie des Jahres ausgerufenen Match viel zu viel Spielanteile im ganzen ersten Durchgang, baut ihn dadurch auf und signalisiert: „he, heute könnt Ihr hier was holen!“, kassiert Gegentor Nummer 1 nach fünf Minuten, weil man nicht aufpasst, setzt sich dann zweimal hintereinander wegen Spielens mit sechs Feldspielern auf die Strafbank und kassiert im zweiten daraus resultierenden Unterzahlspiel das 0:2. Mit diesem Ergebnis geht es dann in die Pause.
Das bessere Drittel
Um mit der nunmehr nötigen Aufholjagd zu beginnen, bedurfte es selbstredend einer Steigerung. Das gelang. Wenn man einem Durchschnittsgoalie wie Selbs Weidekamp permanent die Sicht verdeckt und dann schießt, klingelt es nämlich beizeiten, So geschehen in Minute 24: Schuss Scalzo, mit Kanninen und d’Aoust gleich zwei Rot-Weiße im Sichtfeld des Hüters, d’Aoust fälscht noch ab – Tor. Ein einfaches, aber erfolgversprechendes Rezept. „Wir müssen einfach spielen“ hört man ja gefühlt in jedem Pauseninterview doppelt. Warum also erstmal zwanzig Minuten warten damit? Auch der Gegner half etwas mit bei der Crimmitschauer Wiederauferstehung, indem er ein paar dumme Strafen zog in Drittel 2. Was dann aber als Powerplay angeboten wurde, hätte eher zu Drittel 1 gepasst. Und das zieht sich schon seit Wochen durch die Eispiratenpartien, ohne dass wirklich Besserung in Sicht wäre. Versprungene Pucks, abgefangene Pässe, verweigerte Schüsse, halbminütiges Puckwrestling an der Bande – das ist doch alles nicht sehr zielführend, wenn ich mit einem Mann mehr als der Gegner agieren darf. Das 1:2 nach vierzig Minuten gab zumindest Anlass zur Hoffnung, dass noch nicht alles verloren ist.
Das So-Lala-Drittel
Wer nun gedacht hatte, die Rot-Weißen würden ein Feuerwerk ohnegleichen abbrennen, Selb an die Wand spielen, zu ungefähr neunzig Icings zwingen und letztlich Weidekamp das Netz zerballern, bis die verdammten drei Punkte sicher im Sahn bleiben: falsch gedacht. Kanninens 2:2 in, ja: tatsächlich, Überzahl, weil er die Lücke zwischen den Schonern fand und keinen Schuss verweigerte, war aber leider nicht das erhoffte Startsignal zum Entern. Es war eher so ein bißchen das Signal, mal wieder etwas kürzer zu treten und bloß nicht den einen wichtigen Punkt zu verspielen. So sah es jedenfalls aus, denn wer erwartet hatte, dass die Selber Wölfe sich hinten rein stellen und auf den Gnadenschuss warten: ebenfalls falsch vermutet. Die dachten gar nicht daran und erarbeiteten sich einiges an dicken Chancen nach immer dem gleichen Strickmuster: hinterm Tor Puck halten oder erkämpfen, Pass in den Slot neben dem Netz entlang, wo meistens einer, manchmal auch zwei Mitspieler standen, die sofort schossen. Crimmitschau hatte schon auch seine Chancen, aber wie gesagt: im Gesamten betrachtet war das eher so ein Geht-so-Drittel.
Fehlt eigentlich nur noch die Verlängerung, in der es die Gäste fast schafften, Kassels Tristan Keck Konkurrenz zu machen, der ja nach fünf Sekunden in Overtime gegen die Rot-Weißen getroffen hatte. Heute dauerte es neun Sekunden, bis Vantuch die Riesenchance hatte, aber knapp an Sharipov scheiterte. Ein Weckruf für die Hausherren war das trotzdem nicht: dann dauerte es halt neunzig Sekunden bis zur nächsten Tiefschlafphase der Gastgeber, und Trska machte den Deckel auf ein Spiel, das für Crimmitschauer Anhänger einfach nur enttäuschend war. Noch solch ein Auftritt am Sonntag, und die Playdowns sind den Eispiraten ziemlich sicher.