Fazit zur Vorbereitung: Was bleibt, sind jede Menge Fragezeichen – und ein mulmiges Gefühl

Nach 5 Wochen Vorbereitung und 7 Testspielen wird es für die Crimmitschauer am kommenden Freitag ernst. Und ein wenig bange kann einem bei dem Gedanken an den Saisonstart schon werden…

Die Pre-Seaison muss nämlich aus Sicht der Eispiraten recht euphemistisch als durchwachsen bezeichnet werden. In 7 Testspielen hagelte es 6 Niederlagen, 4 davon gegen Oberligisten. Aber was noch schlimmer wiegt: Das Lazarett war nicht nur während der gesamten Vorbereitung stets prall gefüllt, sondern wird es wohl auch noch zum Saisonstart sein – gute Voraussetzungen sehen jedenfalls anders aus.

Schauen wir etwas genauer hin.

Tor: Nachdem Top-Goalie Luka Gracnar den Club verlassen hat, steht der letztjährige Backup Christian Schneider mehr im Fokus und hat auch in den Testspielen den besseren Eindruck gegenüber Neuzugang Ilya Sharipov hinterlassen. Letzterer wirkte mitunter glücklos und kassierte einige Gegentore der leichteren Sorte. Überzeugen konnte Sharipov bislang jedenfalls nicht. Die Hoffnung ist da, dass sich das zum Saisonstart jetzt ganz schnell ändert. Wenn nicht, wird „Schnaydz“ in die Bresche springen müssen. Mutmacher: Der Kampf um die Nummer 1 scheint ihn anzuspornen und besser zu machen.

Abwehr: Defensiv-Tohuwabohu war nicht nur einmal angesagt, aber so richtig verwunderlich ist das auch nicht, denn von eingespielten und aufeinander abgestimmten Verteidigerpärchen sind die Eispiraten ziemlich weit entfernt. Marian Bazany hat viel probiert, notgedrungen auch durch Verletzungen, denn nur Doherty, Scalzo und Thomas konnten durch die Bank alle Spiele absolvieren. Die Erscheinung Taylor Doherty hat dabei gemischte Eindrücke hinterlassen, stark im Zweikampf und am Mann, aber technisch doch mitunter auch unbeholfen und mit leichten Puckverlusten. Seinen Schlagschuss kann er aber auf jeden Fall gerne häufig auspacken. Ansonsten hat Mario Scalzo erneut seine Leader- und Antreiberrolle bestätigt. Etliche Spieleröffnungen gingen von seinem Schläger aus. Der wegen Walters´ Verletzung (Ausfallzeit ca. 3 Monate) spät verpflichtete Yannick Hänggi könnte sich noch zum Glücksgriff entwickeln und hat am letzten Testspielwochenende einen guten Eindruck hinterlassen.

Angriff: Das Gute zuerst: Mathieu Lemay – neuerdings häufig als Center gesichtet – ist auf dem Weg zu alter Stärke und war durch die Bank der beste Eispiraten-Angreifer in den Freundschaftsspielen: schnell, trickreich, zielstrebig im Abschluss. So kennen wir ihn und wollen ihn auch während der Saison sehen. Fraglich bleibt nur, ob ihn die Leistenverletzung, die ihn letzte Saison arg gehandicapt hat, wieder einholt. Neben Lemay war auch der finnische Neuzugang Jasper Lindsten sehr auffällig, denn am Puck darf man ihn schon als Könner seines Fachs bezeichnen. Von der Scheibe lässt er sich nicht so schnell trennen und überzeugte auch läuferisch – dien finnische Eishockeyschule ist halt eine der besten der welt. Potenzial zum Schlüsselspieler bringt Lindsten mit, zwei Tore konnte er selbt erzielen, das dritte ihm zugerechnete war ein sehr schönes Deggendorfer Eigentor. In Sachen Schlüsselspieler möchte man eigentlich auch Tyler Gron und Scott Feser hervorheben, doch die beiden Deutsch-Kanadier fanden in den Testspielen quasi nicht statt. Ohne Bindung zum Spiel und ohne jegliche Torgefahr blieben beide tor- und Feser gar punktlos (der 1 offizielle Assist gegen Weißwasser war wohl ein Trostpflaster, gehört aber eigentlich Scalzo) – das war alles in allem leider richtig enttäuschend. Im Kreise der Leistungsträger haben Patrick Pohl und André Schietzold die Handbremse ebenfalls noch ein klein wenig angezogen, aber die beiden Ur-Gesteine werden ihr Ding schon wieder machen, Sorgenfalten braucht man bei Blacky und Schietz nicht bekommen. Filip Reisnecker hatte viele gute Aktionen und seine Ausholbewegung beim Schlagschuss dürfte jetzt schon Kultstatus erlangen, feilen muss er nur noch an der Streuung seiner Schüsse. Apropos Sorgenfalten: Timo Gams und Henri Kanninen sollten eigentlich auch für offensive Furore sorgen, verletzten sich jedoch unisono beim Spiel in Deggendorf und fallen seitdem aus – Rückkehr ungewiss, womit die Angriffsbemühungen der Eispiraten um einige Prozent harmloser ausfallen. Die jungen Wilden um Tamas Kanya, Willy Rudert und Lucas Böttcher hauen alles raus, was geht, aber können die Lücken verständlicherweise noch nicht füllen.

Fazit: Nur 12 Tore in 7 Testspielen – man fühlt sich in Sachen Offensivausbeute schnell in die letzte Saison zurückgebeamt. Was auch daran liegt, dass das Spiel nach vorne irgendwie dem Kauderwelsch ähnelt, der 2021/22 überraschend zu Platz 6 reichte. Der Schlüssel des Erfolgs war damals aber vor allem die sattelfeste Defensive. In den Testspielen klemmte der aber noch arg im Schloss: 25 Gegentreffer sind eine Hausnummer, an der es zu arbeiten gilt. Zusätzlich zum Angriffsspiel.
Vorne wie hinten und dazwischen auch noch – die Baustellen der Eispiraten sind zum Saisonstart unverkennbar. Dass sich diverse Verletzungen wie eine Plage durch die letzten 5 Wochen zogen, mildert auf jeden Fall das Urteil, denn mit den Spielern sollte nicht allzu hart ins Gericht gegangen werden – und die Wertigkeit von Testspielen geht ohnehin gen Null. Aber: Vor allem die Folgen der Verletzungsmisere werden wohl noch länger ein Begleiter sein, als allen lieb ist. Individuelle Rückstände in Sachen Fitness und Form werden die ausgefallenen oder nur sporadisch eingesetzten Cracks nicht von heute auf morgen wettmachen können, worunter die kollektive Leistungsfähigkeit und die Eingespieltheit ganz besonders leiden. Der Saisonstart könnte demnach zäh werden, ganz zäh.

Torhütertabelle 2022-23 - Vorbereitung

Scorertabelle 2022-23 - Vorbereitung