Die bisherige Trainingswoche dürfte im Eispiraten-Lager nicht ganz so beschwingt gelaufen sein wie die Wochen zuvor, schließlich wird es wohl die ein oder andere Videostunde und das ein oder andere Einzelgespräch zusätzlich gegeben haben, nachdem die Crimmitschauer mit einem 0-Punkte-Wochenende einen eher unangenehmen Satz auf den Hosenboden gemacht haben. In Bad Tölz bekommen die Rot-Weißen nun die erste Gelegenheit zur Besserung.
Nun gibt es für Crimmitschau gewiss günstigere Möglichkeiten, als ausgerechnet in Bad Tölz zum Siegen zurückzukehren. Schließlich ist die westsächsische Erfolgsgeschichte im Isarwinkel auf wenige Kapitel beschränkt. Doch ein wenig mehr Augenhöhe als beispielsweise im letzten Jahr dürfte man heuer vielleicht schon erreichen.
Coach Kevin Gaudet muss personell nämlich einen durchaus schwerwiegenden Aderlass mit seinem taktischen Geschick kompensieren. Und das betrifft sowohl die Qualität als auch die Quantität. Zuletzt reichte es beim Auswärtsspiel in Dresden zu gerade einmal 11 (!!!) Feldspielern auf dem Spielberichtsbogen. Zur Partie gegen die Eispiraten scheint sich die Lage wieder leicht zu entspannen, drei volle Blöcke betrachtet Gaudet aber inzwischen als wahren Luxus.
Hinsichtlich der Qualitätseinbußen, die der im Sommer enger geschnallte Gürtel mit sich brachte, wird man schon im Tor der „Buam“ fündig, wo die Verantwortlichen zwar auf die Fähigkeiten von Marco Wölfl (8 Sp, 3.77 GT/Sp, 87.55%, 0 SO) vertrauen, insgeheim dem Hexer Maximilian Franzreb aber wohl noch nachtrauern.
Im Defensivbereich wurde der Abgang von Kenney Morrison durch den US-Amerikaner Ian Brady (9 Sp, 3+7) ordentlich ersetzt, wobei man bei Brady nach einem Jahr Verletzungspause wohl noch ein wenig auf die Verletzungsanfälligkeit achten muss. Apropos Anfälligkeit: mit -6 hat der offensivstarke Brady den zweitschlechtesten internen Wert. Neben Brady ist die Defensive noch mit Dominik Bohac (6 Sp, 2+2), Markus Eberhardt (8 Sp, 0+3), Tom Horschel (2 Sp, 0+2) und Marcus Götz (4 Sp, 0+0) durchaus prominent besetzt, allein etliche Verletzungen führten bislang nicht zu einer komplett besetzten Defensive. Maximilian Leitner und Niklas Hörmann versuchen die Fäden indes zusammenzuhalten.
Einen wehmütigen Blick zurück wird Kevin Gaudet auch beim Blick auf seine Sturmreihen werfen. Pfleger, French, Gardiner – alle weg. Satte 249 Scorerpunkte und damit drei echte Tormaschinen kehrten dem Isarwinkel im Sommer den Rücken und hinterließen eine gewisse Leere. Der DEL-erprobte Grant Besse (USA, 8 Sp, 4+4) alleine wird die Lücken nicht schließen können, so dass die alternden Tyler McNeely (CAN, 7 Sp, 3+8), Lubor Dibelka (7 Sp, 7+4) und Lukas Vantuch (6 Sp, 2+4) einmal mehr an den Ketten zerren müssen. Ein paar mehr taktische Optionen erhofft sich Gaudet von der Rückkehr des bis dato verletzten US-Amerikaners Cam Spiro, wobei dann aber ein Kontingentspieler zuschauen muss. So richtig gewonnen, zumindest quantitativ, ist damit also nichts. Und so bleibt weiterhin viel an den weiteren Leistungsträgern Thomas Brandl (8 Sp, 3+9), Thomas Merl (8 Sp, 4+1) und Philipp Schlager (8 Sp, 1+4) hängen. Oliver Ott, Nico Kolb, Samir Kharboutli und Anton Engel sind die übrigen Stürmer.
Die Tölzer Löwen sind gewiss nicht mehr das, was sie noch in der vergangenen Saison waren. Allerdings halten die Schwarz-Gelben nach wie vor zwei Trümpfe ganz fest in ihrer Hand. Nämlich zum einen, dass sie sehr genau wissen wie man mit einem kleinen Kader erfolgreich spielen kann, und zum anderen, dass noch immer die Qualität der arrivierten Kräfte vorhanden ist, um eine feine Klinge zu spielen. Das System Gaudet steckt wie eine DNA in den Spielern und blitzt beständig auf.
Crimmitschau wird also wieder alles in die Waagschale werfen müssen, um in Oberbayern zu bestehen. Vor allem sollten die Leistungsträger im Angriff der Eispiraten wieder einen Gang höher schalten. Die Anwesenheit bei Gegentoren und auch die magere Torausbeute waren am vergangenen Wochenende eklatant und haben gezeigt, dass der Erfolg den Crimmitschauern nicht in den Schoß fällt, sondern von allen Cracks hart erarbeitet werden muss.