Nummer sechs ist im Kasten. Gegen denkbar schlecht aus den Startlöchern gekommene Kassel Huskies feierten die Eispiraten heute die nächste Hockeyparty und schickten die Hessen mit einem 4:1 nach Hause. Zudem konnten die Verantwortlichen den knapp 2000 Fans im Sahnpark mit Ty Wishart einen alten Bekannten als Neuzugang präsentieren, der die Lücke nach Kelly Summers‘ Ausfall schließen soll.

Starke Gäste im Anfangsdrittel

Schaut man sich den Kader der Kassel Huskies und die DEL2-Tabelle auf dem Papier an, springt einem die Diskrepanz förmlich ins Auge. Von hinten bis vorne tragen potenzielle Ligenallstars das Trikot der Nordhessen durch die Stadien der Republik, auf der Bank coacht mit Tim Kehler jemand, der nicht mehr viel beweisen muss. Das Umfeld und die Organisation sind zumindest, sehen wir mal von Fristen ab, gehobenes DEL2-Niveau und mit dem Blick nach oben Richtung DEL vertraut. Man möchte meinen, auch ein mieser Saisonstart an einem solchen Standort müsste wenigstens mit einem gesicherten Mittelfeldplatz und Anschluss nach oben einhergehen.

Falsch gemeint: drei mickrige Pünktchen konnten die Huskies bisher ergattern, der vorletzte Tabellenplatz stand zu Buche. Dass sich daran nach dem Sonntagsmatch nichts geändert hat, lag zumindest nicht an den ersten zwanzig Minuten: Kassel spielte so, wie es von diesem Kader zu erwarten ist, drückte die Gastgeber minutenlang hinten rein, auch wenn diese gegen Mitte des Durchgangs mal für ein paar Shifts Oberwasser hatten. Der Rest des Drittels ging klar an die Gäste, und dass dabei nur eine 1:0-Führung heraussprang, war vor allem dem wieder bockstarken Luca Gracnar zu verdanken. Gegen Laubs Rebound hatte aber auch der slowenische Krake keine Chance.

Crimmitschauer Special Teams ziehen Schlittenhunden den Zahn

Durchgang zwei stand dann unter ganz anderen Vorzeichen. Die Hausherren rissen das Zepter an sich, was zum einen daran lag, dass sie selbst stark verbessert aus der Kabine kamen, zum anderen stellten die Gäste von Zweikampfgewinnen auf Nebenherlaufen um, machten Fehler schon im Aufbauspiel und luden so die Eispiraten recht herzlich zur Ergebniskorrektur ein. Schon nach wenigen Sekunden im Mittelabschnitt nutzten die Referees das erstemal den Videobeweis, wohl weil sie selbst gar nicht recht glauben konnten, dass Gerald Kuhn den Schuss des glänzend freigespielten Scott Timmins irgendwie NICHT ins Netz gelassen hatte. Bezeichnend dann die 23. Spielminute: Kassel spielte nach einer Strafe gegen Weyrauch im Powerplay, brachte aber kaum Schüsse zustande, der Puck landete bei Goalie Kuhn, und der schlenzte ihn dem heraneilenden Matt Lemay genau auf den Handschuh. So weit, so „passiert halt mal“…aber wie dann gleich drei Huskies Lemay dabei zuschauten, wie er eine Extrarunde über die Rückhand drehen musste, Tempo aufnahm und bis vor Kuhn ziehen konnte, um diesen zum 1:1 zu tunneln, statt ihrem Keeper dabei zu helfen, seinen Fauxpas wieder gutzumachen, das war Anschauungsunterricht dafür, warum stark besetzte Teams plötzlich hinten drin stehen können. Exemplarische Szene und wahrscheinlich schon der Momentumchanger fürs ganze Match. Denn die Gastgeber legten nach: fünf Minuten später durfte sich dann auch die zweite Powerplayformation aufs Scoreboard schießen, einen Blueliner von Andre Schietzold versenkte Luca Gläser zur Führung, und diese sollten die Eispiraten auch nicht wieder hergeben. Von den Gästen kam außer Nickligkeiten nicht mehr sehr viel, da hatten sie sogar Glück, keine weiteren Powerplays der 30%-Truppe von Marian Bazany zu kassieren. Nach vierzig Minuten war somit das 2:1 genau so verdient wie das 0:1 nach zwanzig.

Zwei Emptynetter ins Glück

Sicherlich kann ein solch knappes Spiel, gerade im Eishockey, immer kippen. Reicht ja, wenn einem Topsniper wie Jamie „Queener“ MacQueen mal einer rausrutscht, dem auch ein Topkeeper wie Luca „Gracko“ Gracnar hinterherblicken muss. Aber sind wir ehrlich: für eine Truppe wie die Kassel Huskies, mit diesem Kader, mit dem Rücken zur Wand stehend, war das nix im Schlussabschnitt, gar nix. Was natürlich auch an einer defensiv herausragend eingestellten und agierenden Eispiratenmannschaft lag, die sich ihre Serie nicht kaputt machen lassen wollte. Aber auch offensiv setzten die Gastgeber in den letzten zwanzig Minuten die Akzente: 15 zu 5 Torschüsse gab es da letztlich zu verzeichnen, und ja, die Strafen gegen Shevyrin und MacQueen, die dazu sicher beigetragen haben, waren kleinlich, verglichen mit dem, was die Refs den Gästen im zweiten Drittel durchgehen lassen haben. Ausgleichende Gerechtigkeit wahrscheinlich. Die Zeit lief jedenfalls für die Hausherren, und die spielten das ganz routiniert herunter.

Selbst als Kehler seinen Goalie zugunsten eines sechsten Feldspielers herunterbeorderte, gelang den Gästen kaum ein geordneter Aufbau, im Gegenteil, einen sehr optimistischen Querpass an der Kasseler blauen Linie nahm der sehr auffällige Scott Timmins gleich mal direkt und ballerte mit dem 3:1 die letzten Zweifel aus dem Sahnpark, wer am Ende die Punkte behalten sollte. Kassel versuchte es zwar weiter, aber den nächsten Puck, den Timmins abfing, servierte er dem davoneilenden Youngster Filip Reisnecker, und auch der traf ins leere Netz. 4:1, Deckel drauf, und im Anschluss feierte der gerade angereiste Ty Wishart schon mit seinem neuen, alten Team.

Platz 2 hinter den verlustpunktfreien Frankfurter Löwen ist der gerechte Lohn für diese unglaubliche Truppe, am nächsten Wochenende geht es dann gegen die ebenfalls sehr gut gestarteten Bad Nauheimer und den alten und neuen Derbygegner aus der Stadt bei Wunsiedel an der Achse des Bösen (A93). Mal sehen, ob sich einer den sich durch die Liga prügelnden unheiligen Aquin zur Brust nimmt, Kelly, wir denken an Dich.


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