Elfeinhalb Wochen Training, 12 Testspiele – Wenn am kommenden Freitag der EV Landshut zum Punktspielstart der DEL2-Saison 2020/21 im Sahnpark gastiert, werden die Eispiraten die längste Vorbereitung ihrer Geschichte absolviert haben. Damit standen die Cracks aus dem Sahnpark so lange auf dem Eis wie kein anderes Team der Liga: Welche Schlüsse lasen sich nun ziehen?

Die Spiele
Von den 12 Testspielen haben die Crimmitschauer 9 gewonnen. Liest sich erst einmal gut. Etwas relativierbar ist das Ganze aber schon. Denn die Partie gegen Bayreuth (5:1) war nicht mehr als ein besseres Trainingsspiel. Wenn schon zwei Eispiraten beim Gegner, der sein estes Spiel absolviert, aushelfen müssen, sagt das viel. Die drei Partien gegen die Südoberligisten Deggendorf und Regensburg wurden jeweils knapp mit 1 Tor Unterschied und jeweils wenig Leistungsunterschied auf dem Eis gewonnen. Lediglich gegen Nordoberligisten Rostock konnte Crimmitschau über eineinhalb Spiele hinweg klar einen Klassenuntertschied erkennbar machen. Der 4:0-Auswärtssieg war mehr als solide und im Heimspiel kontrollierte man ebenfalls Puck und Gegner, ehe gegen Mitte der Partie irgendwann die Handbremse gezogen wurde und die Slapstickeinlage mit 2 Shorthanded Gegentoren kurz vor Ende zum 3:3 den Abend versauerte.

Die Auftaktpartie gegen Wolfsburg (1:6) sei einmal ausgeklammert. Bleiben noch die 5 Duelle gegen Bad Nauheim, Weißwasser und Dresden, von denen 3 gewonnen und 2 verloren wurden. Gerade das 3:6 in Weißwasser hat einige läuferische Grenzen aufgezeigt. Im Rückspiel (3:1) lief es allerdings schon überzeugender. Die beiden Aufeinandertreffen mit dem Rivalen Dresden wurden ohne Abwehrreihen bestritten und hätten auch zugunsten der Mannen aus Elbflorenz ausschlagen können.

Hier geht es zur Übersicht der Vorbereitungsspiele.

Fazit: Wie so oft sind Ergebnisse in der Vorbereitung nur Schall und Rauch und haben so viel Aussagekraft wie wie eine große deutsche Tageszeitung mit vier Buchstaben – nämlich keine.

Die Defensive
39 Gegentore in 12 Spielen. Macht 3.25 pro Spiel und entspricht dem in den letzten Jahren üblichen Gegentorschnitt der Crimmitschauer. Aber genau davon wollten die Sachsen ja eigentlich weg, denn defensiv im Ligavergleich erneut zu den schwächsten Teams zu gehören, ist eine schwere Bürde.

Vor allem zwischen den Pfosten könnte sich da wieder ein Problemchen anbahnen. Sowohl Michael Bitzer als auch Mark Arnsperger agierten in ihren jeweils 6 Einsätzen mal stark, mal solide, mal unglücklich. Eine klare Nummer 1 ist auf Leistungsebene gegenwärtig nicht erkennbar, wenngleich zumindest Arnsperger einen Schritt nach vorne gemacht hat und Hoffnung für die Zukunft weckt. Bei Michael Bitzer hingegen scheint sich über den Sommer hinweg wenig getan zu haben. So hat Arnsperger aktuell wohl sogar die Nase vorn, schließlich absolvierte er 5 der 6 Spiele gegen Ligakonkurrenten und nur 1 der 5 Spiele gegen die Oberligisten, erreichte dabei aber dennoch den besseren Gegentorschnitt als Bitzer.

Aber auch die Abwehrreihen vor den Goalies haben noch Aufholbedarf, wenngleich Neuzugang Kelly Summers und Ole Olleff einen guten Eindruck hinterlassen haben. Bei Olleff bleibt zu hoffen, dass DEL-Partner Bremerhaven die Fühler nicht zu sehr ausstreckt und den Abwehrhünen nicht bald von der Pleiße an die Weser abkommandiert. Mario Scalzo, der einige Spiele im Sturm absolvierte und seine Spielintelligenz dabei zeigte, wird in der Defensive noch ein wichtiger Baustein. Moritz Schug, mit einem Probevertrag bis Ende November ausgestattet, hat ebenso wie Felix Thomas solide und verlässlich im Hintergrund gespielt und dürfte eine Option sein. Noch zulegen muss indes Carl Hudson, dessen Ausbeute als verkappter vierter Stürmer mit seinen defensiven Nachlässigkeiten in keinem guten Verhältnis steht. Nicht ganz so dramatisch ist es bei André Schietzold, aber auch für ihn gilt es hinten besser aufzupassen.

Die Offensive
Zwei positive Aspekte haben sich im Angriff herauskristallisiert. Erstens scheint mit Lemay/Timmins ein Kontingentstürmerduo gefunden, das dem Vorjahresduett Wideman/Fyten locker das Wasser reichen kann – was auch erforderlich ist, wenn man tabellarisch besser abschneiden will – und zweitens haben die jungen Wilden einen starken Eindruck hinterlassen! Timo Gams, Marius Demmler und – offiziell noch ohne Saisonvertrag – Lukas Lenk haben überzeugen können und gezeigt, dass sie bereit sind in der kommenden DEL2-Saison mehr als nur Lückenfüller zu sein. Auch der punktlose Willy Rudert soll dabei nicht vergessen werden.

Kurz zurück zu Mathieu Lemay: Eine kleine Einschränkung ist (noch) erkennbar, denn 7 seiner 9 Tore hat er gegen die Oberligisten erzielt. So ist er im Moment noch als „Torjäger light“ zu betiteln, wenngleich die Chancen positiv stehen, dass er auch in der DEL2 für mehr als 25 Treffer gut sein könnte.

Patrick Pohl hat sich im Laufe der Vorbereitung deutlich gesteigert und ist einmal mehr bester deutscher Scorer geworden. Also alles im grünen Bereich bei „Blacky“. Kompagnon Schlenker hat noch Luft nach oben.

Noch wesentlich mehr Luft nach oben haben Dominic Walsh und Lukas Vantuch. Walsh, nach André Schietzold aktuell dienstälterster Eispirat, ist offensiv überhaupt nicht in Erscheinung getreten, agierte vorm Tor unglücklich bis wirkungslos und konnte gerade einmal 1 Assist verbuchen. Vom drittbesten Torschützen der letzten Saison (17 Treffer) kann – muss – mehr kommen. Gleiches gilt auch für Vantuch, der in Sachen Ehrgeiz und Einsatz – Stichwort Slotmonster – vorangeht wie kaum ein anderer, aber 1 Törchen ist eben auch kein Empfehlungsschreiben für die Anwartschaft auf einen nachhaltigen Scoringtouch.

Gespannt sein darf man noch auf Petr Pohl, der unter normalen Umständen um die rot-weiße Torjägerkrone mitmischen wird. Der GmbH ist damit kurz vor dem Saisonstart noch eine ganz wichtige Verstärkung des Kaders gelungen.

Hier geht es zur Torhüterstatistik und Scorertabelle der Vorbereitung.

Die Special Teams

Nein, so platt wollen wir nicht sein und die Behauptung stärken, dass es in Crimmitschau keinem Trainer gelänge, ein ordentliches Powerplay aufzuziehen. Das wäre zu oberflächlich. Und mal ehrlich, Powerplay muss in Crimmitschau ja auch nicht neu erfunden werden. Man braucht nur die richtigen Spieler für die richtigen Ideen. Individuelle Klasse nennt sich das dann. Dass Coach Mario Richer hier durchaus ein Gespür hat, konnte in manchen Situationen beobachtet werden. Scheibe und Gegner laufen lassen, anstatt selbst viel zu laufen. Setzt sich dieses Motto nachhaltig und gewinnbringend durch, werden auch die Fans zufrieden sein. Der Zufriedenheitsfaktor mit der Powerplayquote von 17.8% ist nach den Testspielen von Euphorie aber noch ein Stück weit entfernt. Die drei Gegentore bei eigener Überzahl im Heimspiel gegen Rostock hallen auch noch ein bisschen negativ nach.

Das „[Pikey]“ wie es Mario Richer kurz und knapp formuliert, funktioniert auf Grundlage einer aktiven Box schon ganz gut. In 5 der 12 Spiele hielten sich die Eispiraten in Unterzahl gänzlich schadlos. Die Spiele in Bad Nauheim, in Weißwasser und gegen Dresden mit 7 Gegentoren in 15 Situationen verreißen die Statistik aber leider gehörig, so dass am Ende der Vorbereitung nur eine Quote von 79.2% zu Buche steht. Unterm Strich sind die Crimmitschauer aber in dieser Übung auf einem guten Weg, schließlich gelangen auch 4 Shorthanded Goals.