Do or die – auf diese kurze Formel konnte man das Auswärtsspiel der Eispiraten in der Lausitz zusammenfassen. Bei einer Niederlage der Rot-Weißen und gleichzeitigen Erfolgen der Platz-10-Konkurrenz aus Bayreuth und Dresden wäre der Zug in Richtung Pre-Play-Offs nämlich faktisch schon abgefahren gewesen. Zum Glück zeigte insbesondere die erste Crimmitschauer Reihe um den überragenden Rob Flick, dass sie auf Play-Downs keine Lust verspüren, und zogen den Gastgebern zweimal binnen einer Minute den Zahn. Last Minute geht halt auch andersrum…
Traumstart für Rot-Weiß
Es waren noch keine zwei Minuten auf der Uhr, da stand es vor etwas verwunderten knapp 3000 Zuschauern im Weißwasseraner Fuchsbau 0:2. Gleich die ersten Angriffe der Gäste hatten nämlich gesessen. Erst überließ Julian Talbot dem besser zum Schuss postierten Rob Flick die Scheibe, der zögerte keine Zehntelsekunde und überraschte Franzreb im Füchsekasten. Kurz später war es Patrick McNally, der nach einem Puckverlust der Hausherren im eigenen Drittel von der blauen Linie abzog und wiederum den Goldhelm der Piraten fand. Flick fälschte unhaltbar ab, und im Fuchsbau war Ruhe.
Auch in der Folgezeit, ja, eigentlich die kompletten ersten zwanzig Minuten lang, zeigten sich die Gäste als das bessere Team, setzten Weisswassers schnelle Stürmer schon im Spielaufbau unter Druck und konnten so mit viel Aufwand lange Zeit die Gefahr vom Tor von Brett Kilar fernhalten. Wenn doch einmal etwas durchkam, war der Eispiratengoalie zur Stelle. Nach vorn fehlten den Gästen zwar ebenso die ganz großen Momente wie den Hausherren, aber das konnte man mit der 2:0-Führung im Rücken durchaus verschmerzen. Das Drittelergebnis ging jedenfalls so auch vom Dargebotenen auf dem Eis in Ordnung.
Weisswasser taut auf – Eispiraten zu passiv
Auch in den ersten Minuten des zweiten Durchgangs hatten die Gäste das Spiel relativ sicher im Griff, bis ihnen eine doppelte Unterzahl vorerst das Genick brach: nach Hinausstellungen gegen Felix Thomas und Ville Saukko nutzte Hessler das 5:3-Powerplay in letzter Sekunde zum Anschlusstreffer. Das Match ging 5 vs. 4 weiter, und auch wenn die Füchse die Überzahl nicht noch einmal nutzen konnten, waren sie in der Folge über das gesamte Mitteldrittel am Drücker. Crimmitschau igelte sich etwas ein, konnte aber den Spielaufbau der Gastgeber nicht mehr in dem Maße stören wie noch zu Beginn der Partie. Der Ausgleichstreffer lag mehrfach in der Luft, wie er dann fiel, war aber doch etwas überraschend. Einen Puck an der Bande nahm Bär kurz an, schlenzte die Scheibe in Richtung Kilar, und Boiarchinov fälschte wohl noch ab, so daß der Eispiratengoalie überwunden war. Daß man in Weisswasser immer bis zur letzten Sekunde aufmerksam spielen muss, sollten die Rot-Weißen eigentlich aus dem Match vom 27.11. noch in Erinnerung gehabt haben. Trotzdem stand es eine Sekunde vor der Pausensirene plötzlich 3:2 für die Gastgeber. Und das war schon ein kleines Deja-Vu für alle rot-weißen Anhänger: Dietz drehte sich seitlich vorm Tor um seinen Gegenspieler und setzte den Buzzer-Beater genau in den Winkel.
Last Minute einmal anders – Flick und Talbot stoßen die PPO-Tür wieder auf
Dass die Westsachsen wussten, was die Stunde geschlagen hat, zeigten sie dann im Schlussdrittel eindrucksvoll auf: immer wieder rannten sie auf das Gehäuse von Franzreb an, und schafften es trotzdem immer wieder, die gefährlichen, weil meistens mit viel Speed vorgetragenen Füchsekonter zu unterbinden. Und wer in Weisswasser im Schlussdrittel einem Rückstand hinterher rennen muss, es schafft, dabei ein Torschussverhältnis von 22:5 in zwanzig Minuten zu erreichen, defensiv wenig bis nichts anbrennen lässt, dreimal den Puck ans Aluminium knallt und trotzdem weitermacht – der hat es dann eben auch verdient, in der vorletzten Spielminute gleich zweimal zu treffen und alle drei Punkte mit nach Hause zu nehmen. Und hier muss man auch Coach Danny Naud lobend erwähnen: im genau richtigen Moment ging dieser nämlich All-In, nahm Kilar aus dem Kasten, und machte so aus einer ablaufenden 5:3-Überzahl ein weiterführendes 6 vs. 4, das letztlich zündete. Wieder war es Julian Talbot, der die entscheidende Idee hatte. Der Kanadier sah seinen Landsmann Rob Flick, den die Füchse trotz Goldhelm und 1.88m zwanzig Zentimeter vor Franzreb nicht auf dem Schirm hatten, und dieser erzielte mit seinem dritten Tor des Abends den schon lange verdienten Ausgleich. Doch damit nicht genug: eine halbe Minute später ballerte Ole Olleff nach einem weiteren Puckverlust der Füchse die Scheibe aus der Halbdistanz auf Franzrebs Schoner, den Abpraller brachte Julian Talbot im Gehäuse unter, und die Partie war gedreht. Das 4:3 brachten die Rot-Weißen diesmal sicher über die Zeit, und durch die gleichzeitige Bayreuther Niederlage in Bietigheim und den Punktverlust Dresdens in Heilbronn finden sich die Eispiraten nach diesem Nervenkrimi plötzlich auf Platz 9 wieder und haben alles selbst in der Hand. Wollen wir hoffen, dass sie es jetzt am Sonntag auch nach Hause bringen, und drücken den Bädern Tölz und Nauheim trotzdem mal vorsichtshalber alle Daumen.