Schottland – das steht bei vielen für feinsten Whisky (zurecht), tolle Landschaften mit unbändigen Küstenzügen, Highlands, endlose Seen, verträumte Burgen und Schlösser und Männer mit Röcken und Dudelsack. Es ist sportlich international bekannt für Fußball (Glasgow Rangers, Celtic Glasgow), als Geburtsstätte des Golf (St. Andrews) und die auch in Deutschland immer beliebter werdenden keltischen Highland-Games sind ein schottisches Produkt. Und ja, es gibt auch Eishockey im hohen Norden des Vereinigten Königreichs, wenngleich dies leider nur ein Nischensport geworden ist.

Sommertheater auch in anderen Ligen

So findet man die meisten schottischen Clubs in der Scottish National League, die – wie der Name schon sagt – bis auf die geduldeten Nordiren aus Belfast ausschließlich in Schottland gespielt wird. Sie stellt im britischen Eishockey die dritte Liga dar. Darüber in der zweiten Liga Großbritanniens, der National Ice Hockey League findet man derzeit mit den Solway Sharks aus Dumfries nur ein schottisches Team. Im Eishockey-Oberhaus des Vereinigten Königreichs, der Elite Ice Hockey League (EIHL), nehmen nur noch drei Teams am Ligabetrieb teil, nachdem die Edinburgh Capitals in diesem Jahr nach Vertragsauslauf mit dem Hallenbetreiber plötzlich ohne Spielstätte dastanden und sich nach 20 Jahren die Murrayfield Racers neu gründeten und nach dem Motto „Der Schnellere siegt“ im Murrayfield Ice Rink in Edinburgh ihre Spielstätte sicherten. Sommertheater gibt es wohl doch nicht nur in Deutschland!

80jähriges Bestehen der Fife Flyers

Gegen einen der drei verbliebenen schottischen Elite-Ligisten treten nun die Eispiraten in einem Testspiel an. Am kommenden Samstag kommt es im kleinen beschaulichen Städtchen Kirkcaldy im schottischen Council Fife zum Aufeinandertreffen mit den dortigen Fife Flyers. In der knapp 3.500 Zuschauer fassenden Fife Ice Arena der Hafenstadt an der Ostküste tragen die seit 2011 in der höchsten britischen Spielklasse spielenden Fife Flyers ihre Spiele aus. Im Jahr 1938 gegründet sind die Schotten damit der älteste noch existierende Eishockeyclub des Vereinigten Königreichs.

Die glorreichen Meistertitelzeiten liegen in Kirkcaldy jedoch auch schon über 30 Jahre zurück, wenn man von den Meistertiteln der zweiten britischen Spielklasse absieht, wo der letzte Titel im Jahr 2004 geholt wurde. Im Jahr 2011 wurden die Flyers nach dem Aus der Newcastle Vipers in die EIHL aufgenommen, wo man sich im Laufe der Jahre tabellenmäßig immer im Mittelfeld etablierte.

Schotten und Kanadier prägen das Mannschaftsbild der Flyers, fünf Spieler sind in der 50.000-Einwohner-Stadt geboren und haben das Eishockey dort gelernt. Die US-amerikanischen Defender Rick Pinkston und Evan Stoflet können auf Erfahrungen in der AHL und ECHL zurückgreifen, ebenso wie die kanadischen Stürmer Paul Crowder und Evan Bloodoff. Die meiste internationale Erfahrung bringt der 26jährige Brett Bulmer aufs Eis, spielte dieser in den vergangenen Jahren neben AHL und ECHL auch in Ilves in der finnischen ersten Liga oder Ingolstadt in der DEL. Auch acht NHL-Einsätze für Minnesota kann er in seiner Vita verbuchen.

Für die Eispiraten sind die Flyers ein schwer einzuschätzender Gegner, denn die EIHL ist im internationalen Vergleich deutlich unter dem Leistungsniveau anderer europäischer Erstligisten. Für die Fans ist es allemal ein besonderes Ereignis, zumal es die rot-weisse Anhängerschar in eine kulturell, historisch und landschaftlich erlebenswerte Gegend Europas führt – vom schottischen Nationalgericht Haggis mal abgesehen (persönliche Meinung des Verfassers).

Von der Provinz ins Ballungszentrum

Die Zeit für Sightseeing in Schottland sollten die mitreisenden Fans jedoch vor das Spiel in Kirkcaldy legen, denn bereits einen Tag später treten die Eispiraten beim nächsten Erstligisten der Insel an, diesmal geht es ins 450 km entfernte Manchester in England. Historisch nicht weniger interessant, aber gegenüber der schottischen Gemütlichkeit könnte für den ein oder anderen ein Kulturschock entstehen, denn die Industriestadt im Nordwesten Englands hat mit ihren knapp 600.000 Einwohnern bereits ein Zehntel der Gesamtbevölkerung Schottlands.

Höhen und Tiefen im Nordwesten Englands

Das Eishockey steht auch hier im Schatten des Fußballs, spielen doch in Manchester mit United und City zwei der wohl bekanntesten Fußballvereine Europas. Im Gegensatz zum Fußball sind auch in Manchester die Zeiten des Eishockeyruhmes schon länger her, denn 1995 gegründet spielten die Manchester Storm damals in größten Arena Großbritanniens und waren jahrelang der Zuschauerkrösus der Liga mit durchschnittlich 8.000 Fans pro Spiel. Das mit 17.245 Zuschauern ausverkaufte Spiel gegen Sheffield im Jahr 1997 ist bis heute ein Zuschauerrekord für ein Eishockeyspiel zweier britischer Teams. Und so konnten die Storm im Jahr 1999 einen Meistertitel feiern, lebten dann ein wenig über den Verhältnissen und mussten nur 3 Jahre danach auf Grund zu hoher Kosten für ein Topteam der Liga, rückläufiger Zuschauerzahlen und hoher Stadionmiete für die riesige Arena den Spielbetrieb einstellen. Nichtsdestotrotz spielt Manchester jetzt wieder in der EIHL in Form des im Jahr 2015 neu gegründeten Vereins Manchester Storm, die mit Neugründung gleich den Platz der aus finanziellen Gründen aus der Liga zurück gezogenen Hull Stingrays einnahmen. Und die jetzige Spielstätte dürfte einem gesunden Spielbetrieb nicht entgegen stehen, denn die Heimstätte der Storm, der Altrincham Ice Dome, fasst ca. 2.000 Zuschauer.

Die ersten beiden Jahre in der EIHL fanden sich die Engländer im unteren Tabellenfeld wieder, ehe in der vergangenen Saison der bisher größte Erfolg mit der Hauptrunden-Vizemeisterschaft gefeiert werden konnte. Allerdings war dann in den Play-Offs ganz schnell Schluss, hier scheiterten die Großstädter überraschend am Tabellensiebten aus der Provinz namens Kirkcaldy…

Insgesamt sind die Storm jedoch stärker einzuschätzen als die Flyers. Das beginnt bereits im Tor, wo mit Matt Ginn ein AHL-erfahrener Goalie und Jindrich Pacl mit CZ-Nationalmannschafts- und EBEL-Erfahrung das Torhütergespann bildet. Die Stützen in der Abwehr bilden der ehemalige britische U20-Nationalspieler Declan Palmer und der Kanadier Harrison Ruopp. Der Sturm ist ein Potpourri mehrerer Nationen, wobei der Kanadier Dane Byers sicherlich als Star der Mannschaft gelten wird, spielte dieser vor seiner Zeit auf er Insel für die Kölner Haie, Ilves in Finnland und vorher fast 10 Jahre AHL. In diesem Zeitraum kam er auch in der NHL für New York und Columbus zum Einsatz.

Auch hier kann die gegnerische Mannschaft ganz schwer eingeschätzt werden. Dennoch wird für die mitreisenden Fans eher das Event der Tour vorrangig sein als die Ergebnisse der Spiele selbst. Inwieweit sich das auch bei der Mannschaft zeigt, werden wir sehen. Auf jeden Fall sollte eine solche Reise zur Teamfindung beitragen, und das ist mit Sicherheit der Hauptgrund, wenn die Mannschaft am Freitag gemeinsam mit einigen Fans ins Flugzeug steigt. Und bei spielerischer Magerkost gibt es für die mitreisenden Fans zumindest in Schottland genügend Auswahl zum Schöntrinken…