Bitterer kann man ein Spiel nicht verlieren. Klar waren die Eispiraten in den letzten Minuten im Garmischer Olympiaeisstadion stark unter Druck, sicherlich schleichen sich nach diesen kraftraubenden sechzig Minuten Fehler ein. Trotzdem hätten sich die Rot-Weissen wenigstens die Verlängerung verdient in einem Match, in dem sie von den Referees mit sage und schreibe 2 zu 35 Strafminuten eh schon auf die Ochsentour geschickt wurden. Es sollte nicht sein, und die entscheidenden Treffer haben sich die Westsachsen quasi selbst ins Netz gelegt…
Ohne Pyka, Halbauer und Kabitzky
Kim Collins musste neben den verletzten Danny Pyka und Philipp Halbauer nach dem Aufwärmen auch noch auf Christoph Kabitzky verzichten, dem seine Handverletzung aus der letzten Partie doch so schwer zu schaffen machte, dass ein Einsatz in Garmisch-Partenkirchen letztlich keinen Sinn machte. Dominic Walsh wurde weiterhin im Sturm aufgeboten, Elia Ostwald in der Abwehr.
Wieder ein Blitzstart
Wie schon am Donnerstag im Heimspiel gegen Kaufbeuren, gelang den Eispiraten mit dem ersten Angriff der Führungstreffer. Dominic Walsh startete ein Solo, das man ihm nach den bisherigen Eindrücken in dieser Spielzeit nicht ohne weiteres zugetraut hätte, vernaschte an der Bande einen Gegenspieler und zog dann bis vor Nemec, den er auch noch auswackelte: 0:1! Garmisch zeigte sich in der Folge deutlich beeindruckt, viele Pässe gingen ins Leere, das aggressive Forechecking der Gäste schmeckte dem DEL2-Team der Stunde – immerhin siebenmal in Folge hatten die Blau-Weißen gewonnen – überhaupt nicht. Und so hatten die Gastgeber zwar ihre Chancen, das wird sich ehrlicherweise gegen diese Offensive nicht vermeiden lassen, Brett Kilar hatte allerdings einen Sahnetag erwischt und beeindruckte mit einigen starken Saves. Crimmitschau hielt aber auch, was den Offensivoutput angeht, stark dagegen, weitere Treffer der Rot-Weißen lagen durchaus in der Luft. Vor allem zwei Minuten vor Drittelende, als Ossi Saarinen von Patrick Pohl sauber bedient wurde und nur knapp das Gehäuse verfehlte. Die knappe Führung nach zwanzig Minuten war insofern gar nicht einmal unverdient, auch wenn der SCR in der Schuss-Statistik vorn lag.
Starker Kilar, starke Defensive
Auch im zweiten Durchgang bissen sich die Gastgeber ein ums andere Mal an der dicht gestaffelten und aufmerksamen Crimmitschauer Defensive die Zähne aus. Und wenn doch etwas durchkam, stand da ja noch Brett Kilar im Kasten, der sich in den letzten Spielen zu einem ganz starken Rückhalt gemausert hat. Und wenn dann selbst der geschlagen war, half den Gästen das Torgestänge, gleich zweimal klingelte es am Eisen, einmal musste sogar der Videobeweis konsultiert werden. Half den Werdenfelsern aber alles nichts, obwohl man schon sehen konnte, dass da noch einiges an Pfeilen im Köcher steckte. Besonders Liga-Topscorer Richie Mueller hielt sich mit starken Aktionen vornehm zurück, das sollte sich leider im Laufe des Matches noch ändern. Was den Eispiraten heute richtig gut gelang, war das Unterzahlspiel. Und dazu bekamen sie von den recht einseitig Strafen verteilenden Herren Aumüller und Singaitis reichlich Gelegenheit. Vor allem ab Minute 33 wurde es recht übersichtlich auf dem Eis: erst ging Elia Ostwald nach einem Stockschlag auf die Sünderbank, wenig später Will Weber gleich in die Kabine. Ein Check gegen Eder führte zu einer Verletzung des Gegners, wobei die Aktion an sich nicht unbedingt unfair war, eher unglücklich, denn Eder knallte aus einem Meter Entfernung in die Bande. Den Rot-Weissen gelang es trotzdem. die Hausherren relativ selten aufs Tor schiessen zu lassen, und so überstand das Collins-Team auch diese brenzlige Situation. Mit dem knappen 0:1 ging es also auch in die zweite Pause.
Der dreifache Mueller
Die Rot-Weissen wussten sicherlich, dass im letzten Drittel ein Sturmlauf der Gastgeber auf sie zukommen würde, aber sie taten das einzig Richtige: behielten ihren Gameplan bei, und setzten selbst in der Offensive den einen oder anderen Nadelstich. Und so gelang in der 42. Minute Robbie Czarnik mit einem abgefälschten Schuss das doch etwas überraschende 0:2. Nemec sah dabei nicht all zu gut aus. Aber das war den mitgereisten 50-70 Eispiratenfans völlig egal. Sie witterten die Sensation, und auch auf dem Eis sah es mehr und mehr danach aus, als könnten die Gäste mit einer starken taktischen Leistung das Spiel nach Hause schaukeln. Selbst als in einer Überzahl das für Riessersee sicherlich erlösende 1:2 fiel – Mueller hatte genau Maß genommen und in den Winkel getroffen – hatten die Westsachsen sofort die passende Antwort parat: einen Klassekonter vollendete Scott Allen sehenswert, als er einen nach der Annahme springenden Puck volley an Nemec vorbei ins Netz bugsierte. Da waren noch knapp acht Minuten zu spielen.
Das sollte sich leider als zu viel Zeit erweisen. Fünfeinhalb Minuten vor Ende verließ das Glück nämlich die Eispiraten, denen es bis dahin wohl gesonnen war: eine Parade Kilars nach einem Schuss von Mueller fälschte Andre Schietzold mit dem Schlittschuh ganz unglücklich ins eigene Tor ab. Und nach 56 Minuten stand Beck goldrichtig und konnte einen Abpraller zum Ausgleich einschieben. Sicherlich hochverdient aufgrund der Spielanteile, keine Frage, und doch äußerst unglücklich für aufopferungsvoll kämpfende Eispiraten. Als sich dann alles schon auf eine packende 3-vs-3-Verlängerung einstellte, wurde es dann richtig bitter für Rot-Weiß: statt die Scheibe eine halbe Minute vor Schluß einfach aus dem Drittel zu bolzen, versuchte es Elia Ostwald mit einem Rückhandchip. Mueller stand goldrichtig, nahm den Puck auf und ballerte sein Team 26 Sekunden vor dem Ende ins Glück.
Der Ausblick
Es nützt ja nichts: um den Jahreswechsel herum hat man nicht all zu viel Zeit, vergebenen Chancen hinterher zu trauern. Die nächsten Gegner warten. Der Spiele stehen in der nächsten Woche an, und die haben es alle in sich: erst müssen die Eispiraten als favorisiertes Team im Bayreuther Tigerkäfig antreten, danach geht’s zum amtierenden Meister nach Frankfurt, und am Sonntag kommen die überaus beliebten Dresdner Eislöwen in den heimischen Sahnpark. Vier bis fünf Punkte aus diesen drei Partien wären schon von Vorteil, denn die derzeit auf Platz 8 rangierenden Crimmitschauer haben stark aufkommende Heilbronner Falken im Nacken, und auch Bad Nauheim und Freiburg sind durchaus noch in Schlagdistanz.