Die fünfte Jahreszeit im Eishockey ist mit den Pre-Play-Offs bereits in die heiße Phase gestartet und hier konnten sich am vergangenen Wochenende die Aufsteiger der letzten beiden Jahre – Freiburg und Bayreuth – die Tickets für das Viertelfinale lösen. Ein Wunschdenken in Westsachsen, wo sich einmal mehr mit dem Hauen und Stechen nach unten beschäftigt werden muss. Das es hier zu einem Aufeinandertreffen mit dem mit höheren Zielen in die Saison gestarteten EC Bad Nauheim kommt, hatten wohl eher wenige erwartet. Die Vorjahressechste kämpfte bis zum letzten Spieltag um den 10. Platz, musste aber letztlich dem SC Riessersee den Vortritt lassen und den bitteren Gang in die Abstiegsrunde antreten.

Die Konstellation ist vom Papier her klar: Auf der einen Seite 72 Punkte und 150:151 Tore gegenüber 49 Punkten und 127:210 Toren auf der anderen Seite, diese Zahlen allein sprechen für sich und dürften den Favoriten klar zu erkennen geben. Doch halt – das hatten wir doch schon mal, oder? Wir schreiben das Jahr 2003: Crimmitschau nach einer ähnlichen Saison mit 49 Punkten und 121:189 Toren Tabellenletzter, während der REV Bremerhaven mit 71 Punkten und 160:189 Toren am letzten Spieltag noch in die Abstiegsrunde trudelte. Damit trat für die Westsachsen das Worst-Case-Szenario ein, denn in der laufenden Saison sah man keinen Stich gegen den noch amtierenden Meister der 2. Bundesliga. Bei den während der Saison erfolglosen Sachsen wurde nach der Entlassung von Trainer Horymir Sekera als Feuerwehrmann der energische Rosenheimer Paul Sommer an die Bande gestellt. Und dieser schaffte das Wunder von Crimmitschau, denn seine Mannschaft war zu Beginn der damaligen Abstiegsspiele im Best-of-5-System auf den Punkt fit und setzte mit einem 3:1-Sieg im Norden im ersten Spiel den Grundstein für eine insgesamt knappe Serie (3:1, 1:0, 1:2, 2:1) und somit den für unmöglich gehaltenen Klassenerhalt. Der nur für diese Mission zur Verfügung stehende Paul Sommer setzte sich damit ein Denkmal im Herzen der Fans. Schafft es John Tripp im Jahr 2017 in diese großen Fußstapfen zu treten?

Die Bad Nauheimer haben sich das verfehlte Saisonziel selbst eingebrockt, fehlte doch die nötige Konstanz in der gesamten Hauptrunde mit vielen kleinen Punktverlusten. Inwieweit Coach Petri Kujala seine Mannschaft vollends auf die unerwartete Teilnahme an der Knüppelrunde einstellen konnte, wird sich in den kommenden sieben Spielen zeigen. Das Spielermaterial zur Mission Klassenerhalt ist auf alle Fälle vorhanden.

Der große Rückhalt der Saison 2015/2016 ist Mikko Rämö (FIN, 38 Sp, 3.00 GT/Sp, 90.11%, 1 SO) in dieser Saison nicht mehr gewesen, so dass Backup Jan Guryca (15 Sp, 2.42 GT/Sp, 92.46%, 1 SO)  mit 15 Einsätzen zu deutlich mehr Spielen kam wie in der Vorsaison mit keinem Spiel in der Hauptrunde und statistisch gesehen sogar die besseren Werte vorzuweisen hat.

Der Schwede Joel Johansson (35 Sp, 9+17) und der Slowene Ales Kranjc (28 Sp, 7+15) als punktbester Verteidiger haben hinsichtlich deren Offensivpower sicherlich den Erwartungen entsprochen, nur sollten sie eher das große Bollwerk in der Abwehr bilden, was jedoch eher durchschnittlich gelungen ist. Aus diesem Grund lotste man zur Stabilisierung der Abwehr den Deutsch-Amerikaner Steve Slaton (17 Sp, 0+2) von Bremerhaven in die Wetterau. Mit Marcus Götz (52 Sp, 3+14)  und Jonas Gerstung (52 Sp, 2+9), die alle Spiele der Hauptrunde absolviert haben, und Marc Kohl (51 Sp, 1+5) und Daniel Ketter (48 Sp, 0+8) hat man weitere gute deutsche Verteidiger in den Abwehrreihen.

Die Offensive der Teufel liest sich wie eine Auflistung von DEL 2-bekannten Größen, was die Platzierung der Teufel umso überraschender machte. Dazu gehören Leistungsträger wie Radek Krestan (52 Sp, 18+29), Dominik Meisinger (49 Sp, 8+18), Andreas Pauli (41 Sp, 15+20), Dusan Frosch (42 Sp, 11+19) und Vitalij Aab (36 Sp, 9+9) oder die langjährigen Stürmer Diego Hofland (51 Sp, 7+9) und Harald Lange (52 Sp, 4+4) sowie der schnelle Eugen Alanov (52 Sp, 13+14). Die bunte Nationalitätenmischung der Kontingentspieler ergänzen im Angriff der Kanadier Charlie Sarault (18 Sp, 7+18) und der US-Amerikaner und Kapitän Nick Dineen (52 Sp, 17+22). Einer von diesen Kontingentspielern muss jedoch auf Grund der Ausländerregelung immer pausieren, so dass es hier ein regelmäßiges Wechselspielchen gab und geben wird.

Auf unnötige Strafen sollten die Eispiraten in den kommenden Spielen lieber verzichten, denn Bad Nauheim gehört in der Statistik der Überzahlspiele mit 20,2% Ausnutzungsquote zu den Topteams. In Unterzahl sieht es da nicht ganz so rosig aus, hier siedelt sich das Team von Petri Kujala im unteren Mittelfeld an. Zu vielen Überzahlspielen wird es gegen die Hessen jedoch nicht kommen, denn den Fair-Play-Pokal der Liga verpassten die Teufel in dieser Saison nur knapp und mussten diesen den Wölfen aus Freiburg überlassen.

Die Eispiraten werden folglich als Außenseiter nach Mittelhessen reisen, denn die Ausgangslage ist einmal mehr ungünstig. Doch auch hier machen wir nochmal einen kurzen Rückblick in die Vergangenheit, diesmal nicht ganz so weit zurück ins Jahr 2014. Da startete vor ziemlich genau 3 Jahren die Play-Down-Serie gegen Bad Nauheim mit ähnlicher Konstellation, die Teufel mit 69 Punkten knapp an Platz 10 gescheitert und Crimmitschau abgeschlagener Tabellenletzter. Doch die Eispiraten lieferten sich mit den Hessen eine packende Play-Down-Runde über sieben Spiele mit gar zwei Auswärtssiegen, doch im Gegensatz zu 2003 blieb die Überraschung aus, denn demgegenüber standen auch zwei Heimniederlagen und Bad Nauheim konnte im 7. Spiel mit einem knappen 3:2-Sieg den Klassenerhalt feiern. Den sicherten sich die Crimmitschauer dann ein paar Wochen später in der Qualifikationsrunde aber auch noch.

Die Mannschaft von John Tripp wird auf eine sicherlich nervöse Nauheimer Mannschaft treffen und genau da liegt die Minimalchance für den Klassenerhalt bereits in Runde 1 der diesjährigen Play-Downs. Nötig hierfür ist Einsatz und Wille des gesamten Mannschaftsgefüges, denn nur mit einem Einsatz über die eigenen Grenzen hinaus sind die vom Papier her besseren Teufel bezwingbar.