WAS.FÜR.EINE.SERIE! Nach wirklich aufreibenden Spielen haben sich die Eispiraten Crimmitschau am 26.03.2024 in die Geschichtsbücher der Stadt eingetragen mit dem erstmaligen Erreichen des Halbfinales in der DEL 2. Wir blicken mit euch zurück mit einem wohlwollenden, genießerischen, demütigen, stolzen, aber natürlich auch etwas schadenfrohem Blick. Wo gibt es so viele Emotionen auf einmal? In Crimmitschau und natürlich – im Backcheck. Heute widmen wir uns den ersten drei Spielen der Serie, bevor ihr morgen dann Teil 2 des Backchecks brandheiß geliefert bekommt.
Spiel 1 – alles war angerichtet. Eine knisternde Atmosphäre im Sahnpark und man merkte den Fans an, dass die Euphorie von Kopf bis Fuß loderte. 2600 Fans fanden sich an einem Mittwochabend ein und sollten den ersten von vier Playoffsiegen bewundern dürfen. Zwischen Nervosität, Vorfreude und Anspannung sollte der erste Puck geworfen werden und untermauert werden, dass man nicht der gehandelte Underdog ist, sondern die drittbeste Mannschaft der Liga.
Den Krefeldern schien Keiner so richtig Bescheid gesagt zu haben, dass Playoffs sind und so reisten die Mannen um Christian Ehrhoff erst eine Stunde vor Spielbeginn an. Scheinbar hatten die Krefelder Jungs die lange Fahrtzeit aber gut zur Regeneration genutzt, denn sie starteten aggressiv und schnell ins Spiel. 51 Sekunden waren gespielt, da wurde Tobias Lindberg bereits zum Abkühlen in die Box geschickt. Der sympathische Schwede stänkerte stimmungsvoll herum und brachte somit gleich mal die Fans in Wallung. Doch was sahen die meerwasserverkrusteten Augen der Piratenanhänger? Die Unterzahl funktionierte?! Wieder und wieder drängte man die Federkissen mit Pinguinlogo aus dem Drittel und in der 9. Minute belohnte Blackislav Zikbeard den rot – weißen Anhang mit einem Unterzahltor und dem ersten Tor der Playoffserie. Gotz war beim Anblick des zähnefletschenden Tschechen so erschrocken, dass er vor Schreck das Gleichgewicht verlor und ich meine sogar ein leises „Mami, bitte hilf mir.“ vernommen zu haben, vertändelte den Puck, lief nur halbherzig hinterher und sah wie Ziggy Pop auf Thomas Reichel legte und der aus einem Meter Entfernung Bick die erste kalte Dusche verpasste. Mit der Führung ging es auch in die Pause und das erste von insgesamt 23 Dritteln der Serie war gespielt.
Mike Fischer zeigte sich im zweiten Drittel als großer Beatlesfan, denn egal wann er das Eis betrat die Schiedsrichter verdeutlichten ihm immer wieder mit seinem Lieblingssong „Let it be.“ dass man auch als süßes, kleines Watscheltier nicht immer auf die Piraten draufhauen darf. Nach dem zweiten Mal kam es dann auch im Fisch – Kopp an (Jaaaaa, der war sehr gezwungen), dass man die Eispiraten besser nicht in Überzahl agieren lassen sollte, aber wirklich nur kurz, denn nach dem Treffer zum 2:0 durch Max Balinson hatte Fischer nichts Besseres zu tun als schon wieder rum zu stänkern und im Kopf von Mike Fischer dudelte leise „Yesterday all my troubles seemed so far away.“
Far away waren im letzten Drittel lediglich die Chancen zum Ausgleich, denn Oleg Shilin und seine Mannen stemmten sich mit all ihrer Kraft gegen die Angriffsbemühungen der Pinguine und setzten in der 48. Minute mit dem Treffer zum 3:0 durch Lindberg den Schlusspunkt. Colin Smith hatte seinen Stick mal wieder in den Zaubertrank getaucht und passte mit blindem Verständnis, hinter dem Rücken gebundenen Armen und auf einem Bein springend (so zumindest meine Erinnerung, kann sein sie ist leicht verklärt) zu Lindberg, dieser legte auf Balinson und der pflügte durch die Krefelder Abwehr, wie ich durch das Kuchenbuffet bei Oma Hagebuttes 75. Geburtstag, legte zurück auf Lindberg und dieser netzte unbeeindruckt ein. Spiel 1 war in trockenen Tüchern, doch die Serie sollte noch Einiges zu bieten haben …
105 Sekunden und 182 Sekunden – nein, das sind nicht die Rekordzeiten von Oma Erna im Socken häkeln, sondern die Zeiten, die die beiden Teams in Spiel 2 brauchten um ein wirklich irres Spiel jeweils zu drehen.
Begonnen hatte die Partie damit, dass Sören Sturm bereits nach 5 Minuten seinen Arbeitstag für beendet erklären konnte, als er Mike Fischer in die Bande hämmerte. Berechtigterweise muss man sagen, dass dieses Foul absolut unnötig war, aber es gab den Eispiraten den Push um sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Die fünfminütige Unterzahl wurde seitens der Krefelder ungefähr so genutzt, wie wenn ich beim Flirten unterwegs bin. „Ja, ähm Hi … also mein Lieblingsobst ist Kartoffel.“ Meistens bleiben bei den Frauen fragende Blicke und erstaunlicherweise überreichen mir die Mädels dann nicht ihre Handynummer und so gingen die Pinguine mit ihren Flirtversuchen Richtung Crimmitschauer Tor ebenso leer aus, wie die Versprechungen eines Leon Niederberger in seinem Drittelpauseninterview, doch dazu kommen wir gleich. Dschärom Flaake beendete das Powerplay der Pinguine mit seinem Stockschlag und mit Ablauf der Strafzeit von Sören Sturm tauchten Colin Smith und Tobias Lindberg vor Felix Bick auf und weil Bick erstmal seine Haare richten musste, übersah er Vinnie Saponari der aus dem Slot zum 0:1 für die Eispiraten vollendete. Enttäuscht watschelten die Pinguine danach in die erste Drittelpause.
Scheinbar hat Greg Poss jedoch das richtige Fischöl für die Pinguinwunden gefunden, denn im zweiten Drittel sollten die Seidenstädter Seidenschalträger innerhalb von 105 Sekunden die Partie auf den Kopf stellen. Nach einem schlechten Wechsel der Crimmitschauer befanden sich die Eispiraten plötzlich in einer 4 auf 2 Situation – im Swingerclub möglicherweise eine unterhaltsame Konstellation – im Eishockey eher ungünstig und so vollendete der goldene Junge der Krefelder Christian Ehrhoff zum Ausgleich mit einem satten Gewaltschuss. Nur knapp zwei Minuten später vertändelte Feser dann hinter dem eigenen Tor den Puck, Flaake sagte danke und legte überlegt auf den frei stehenden Niederberger, der Shilin keine Chance zur Abwehr ließ. Fans der Eispiraten bissen dabei wahrscheinlich schon in die Tischkante, denn zu unkonzentriert und zu diskussionsfreudig präsentierten sich die Spieler und mit einem absoluten Zuckerpass, der einem auf Anhieb Diabetes beschert, legte Ehrhoff Minuten später aus dem eigenen Drittel an die gegnerische, blaue Linie zu Ruutu, der bediente mustergültig Philipp Kuhnekath und die Katze vollendete geschmeidig zum 3:1. Verwundert rieb man sich die Augen, diskutierte mit den Schiris und verlor endgültig den Spielfluss. Im Drittelpauseninterview analysierte Leon Niederberger dann, dass die Eispiraten zu dumm seien … manchmal holen einen die eigenen Worte ein, lieber Leon.
Im dritten Drittel stellte Tuores die Reihen um und fand damit die Tür zum Zauberwald der Eispiraten. Plötzlich tic – tac – toete man sich durch die Krefelder und nach einer abgelaufenen Strafzeit war es Mastermind Smith, der halbrechts seelenruhig auf Lindberg legte und Lindi tut, was Lindi tut – er trifft. Nur noch 3:2. Der Assist des Jahres galt dann Felix Bick, welcher von der Grundlinie den Puck von Kreutzer in die eigenen Maschen bugsierte und den Eispiraten somit zum Ausgleich verhalf. Solche Kacktore fallen auch nur in Krefeld, siehe Spiel 4 gegen Oleg, aber dazu später. Zeit zwischen beiden Treffern? 104 Sekunden. Als Greg Kreutzer lediglich eine Minute später links auf Kanninen legte, der sich an der Bande durch tankte und clever zu Zikmund spielte, herrschte auf einmal pures Entsetzen auf Seiten der Krefelder Sitzplatzwarmhalter. Der toughe, tschechische Techniker tänzelte theaterreif vor das Tor und knallte Bick dann unnachahmlich die Locken vom Kopf. 184 Sekunden waren vergangen und in Krefeld lag die Stirn in Falten, so dick wie Nacktschnecken. Den krönenden Abschluss zu Sieg 2 der Serie bildete, dann der Empty – Netter von Henri Kanninen.
Sicherlich hätte man auch gern die Pressekonferenz am Ende gehört, aber die Reinigungskraft der Pinguine wollte Feierabend machen und so konnte man leider die vielen weinenden Pinguinspieler nicht hören – auch eine Strategie.
Nach dem dritten Sieg im dritten Spiel verkündeten einige Eispiratenfans „Und am Dienstag schmeißen wir euch raus.“ Ein durchaus nachvollziehbares Statement nach einer hitzigen Schlacht, aber wie sagt man so schön? It ain’t over till the fat lady sings. Zum Glück müsst ihr im heutigen Backcheck noch nichts von den nächsten drei Spielen lesen und so widmen wir uns GLEICH Spiel 3 der Serie gegen Krefeld.
Eins jedoch vornweg – Eishockey bedeutet Leidenschaft, Emotionen und Härte. Leidenschaft und Emotionen kann man als Fan das ganze Spiel lang zeigen – Härte gehört nicht dazu. Welcher Zuschauer auch immer dachte er ist der geilste Typ, weil er den gegnerischen Trainer mit Bier bewirft – bist du nicht. Du hast nichts in unserem Stadion verloren. Die Spieler können alles auf dem Eis klären und als Fan kann man pfeifen, schreien, meckern, fluchen, aber NIEMALS hat etwas auf das Eis zu fliegen und schon gar nicht auf Menschen. Es ist einfach unterirdisch, asozial und vollkommen hirnverbrannt diese Aktionen zu starten. Bleib unserem Sport fern! Dies muss auch wieder Teil der Crimmitschauer Kultur werden – lasst eure Emotionen raus, aber lasst die Jungs das auf dem Eis klären.
Zurück zu Lück – 2 Shorthander, 3 Powerplaytore und ein Boom. Dies beschreibt ein völlig wahnsinniges Spiel. Krefeld kam unausgeglichen, wie eine Schwangere mit Hormonschwankungen aus der Kabine und versuchte von Anfang an den Eispiraten unter die Haut zu gehen. Philip Riefers gelang sogar nach 6 Minuten der Treffer zum 0:1. Im Powerplay frei gespielt, lieferte der 34 – Jährige einen Max Balinson Gedächtnisschuss ab und brachte seine Farben in Führung. Wie gewonnen, so zerronnen hieß es lediglich 3 Minuten später als ebenjener Philip Riefers auf der Strafbank Platz nehmen durfte. Colin Smith ließ sich nicht lange bitten, passte von rechts zu Lindberg vor’s Tor und der Tip – in war so zuckerweich wie der erste Kuss in der Grundschule. Etwas weniger weich mag es Sören Sturm. Sören Sturm ist eher der Typ – ich kämme mir die Barthaare mit der Drahtbürste und zum Frühstück esse ich erstmal ein halbes Rind – roh. Der bullige Verteidiger stürmte in der 18. Minute auf den zitternden Bick zu und wie in den Asterix und Obelix Filmen sah er die heran rollende Invasion der „Ga-, Ga-, Gallier“. Einen mächtigen Schluck aus dem Zaubertrank hatte Sturm genommen, denn mit seinem Treffer zum 2:1 hämmerte er den Puck derart in die Maschen, dass Felix Bick sich vorkommen musste wie von einem Stier überrannt. Der stürmende Tornado war über die Pinguine hinweg gefegt und hatte nichts als Verwüstung hinterlassen. Im Stadion selbst begann die Temperatur vor Begeisterung zu steigen und so wurde das Eis für die Pinguine immer dünner …
Im zweiten Drittel liefen beide Teams erfolglos an und Crimmitschau mit einem Mann weniger. Max Balinson hatte sich im ersten Drittel verletzt und musste für den Rest des Spiels aussetzen. Was zu diesem Zeitpunkt noch keiner ahnte – auch den Rest der Serie.
Blackbeard Zikmund sollte das Schlussdrittel vorbehalten sein. Wie ein blutsaugender Vampir zog er jegliches Leben aus den Pinguinen. Zunächst stach er in eigener Unterzahl Matsumoto den Puck vom Schläger und spielte clever zu Lindberg, der legte ab auf Thomas und dieser hämmerte den Puck in die Maschen. Der Schnäuzer verhinderte diesmal nicht den richtigen Riecher und so war der Verteidiger mit aufgerückt um Felix Bick das zweite Mal wie ein Häufchen Elend zusammensacken zu lassen nach einem Gewaltschuss. Nur wenige Sekunden später war es jedoch Marcinew, der einen Pass von Weiß im Slot aufnahm und Oleg Shilin überwinden konnte. Doch die Stunde des tschechischen Teufelskerls Ladislav Zikmund sollte erst noch schlagen. Abermals in Unterzahl stach der Tausendsassa den Puck an der blauen Linie aus, lief allein auf Bick zu und ließ Mr. Föhnfrisur durch gewirbelt, frierend, zitternd und allein im Tor zurück. Mit dem 4:2 stießen die Eispiraten die Tür ganz weit für das Halbfinale auf, doch wenn einen diese Serie eins lehren sollte, dann dass man sich nie zu sicher sein durfte.