10 Jahre „NHL zu Gast in Crimmitschau“ sind das eine Highlight in diesen Septemberwochen, doch wurde auch noch ein weiteres bedeutsames Jubiläum gefeiert:

20 Jahre KULTRAS

Kleiner Rückblick in die Jahrtausendwende

Wir schreiben die Jahrtausendwende, seit gefühlter Ewigkeit stehen im Sahnpark zu Crimmitschau mehrere Jungs und Mädels oberhalb der gegnerischen Strafbank und feuern Woche für Woche den ETC Crimmitschau an. Man war Mitglied der großen Crimmitschauer Eishockeyfamilie, zu denen die Fangruppierungen und Fanclubs der Bieroniere, der Eissperken, Glück-Auf Aue, den Pleissenhaien, Prost 7  und ganz vorn dran die Thonhausener mit deren legendären „Henry Maske“gehörten.

Um mehr Teil der Eishockeyfamilie zu sein, versuchte man die Gründung eines eigenen Fanclubs und war mit den „Ice Cobras“ einer von vielen und auch nicht so richtig glücklich damit. Zum Anfeuern half in der Vergangenheit ein mit Hartplastik überspannter Plastikeimer zum Trommeln, ehe man mal zusammenlegte und eine Basstrommel in einem bekannten Musikhaus in Hartenstein besorgte. Die Akkustik stimmte und man konnte endlich mit den Thonhausenern mithalten.

Und man repräsentierte sich als Crimmitschau bei den vielen damals üblichen Eishockey-Fantreffen in Bietigheim, Bayreuth und natürlich dem größten jährlichen Event in Braunlage im Harz, aber die Suche nach der eigenen Identität war immer noch ungebrochen.

Eine Vision wird Wirklichkeit

Und so bastelte man im Sommer 2002 an einer neuen Idee, eine Vision, die man heute rückblickend zwar erträumte, aber niemals den Hype und den Erfolg, der heute ungebrochen ist, erwartet hätte:

Es ist der 20.09.2002, der ETC Crimmitschau spielt in der zweiten deutschen Bundesliga und hat in der Saison mit Pavel Weiß, Tomas Bartoska und René Röthke (ja, der René Röthke, der heute noch mit 40 Jahren in Deggendorf in der Oberliga seine Leistung bringt) ihre Topscorer, der heutige Co-Trainer Esbjörn Hofverberg wirbelte die Gegner durcheinander und Goalie Radek Toth tanzte sich nach siegreichen Spielen in die Herzen der Fans. Crimmitschau hat durchschnittlich 2849 Zuschauer im Sahnpark und schickte am Ende der Saison in einer unvergessenen Playdown-Runde den amtierenden Meister Bremerhaven in die Oberliga.

An diesem Tag ist der EV Duisburg zu Gast und oberhalb der gegnerischen Strafbank merkt man irgendwie bei einigen eine Art Vorfreude, die um Punkt 20 Uhr den Höhepunkt findet. Das Eröffnungsbully wurde geworfen und plötzlich standen 10 junge Leute in auffälligen violetten Trikots dort: die „Kultras“ waren geboren!

Argwöhnische Blicke natürlich, ähnelte sich die Bezeichung doch mit den Ultras, der Gemeinschaft von Fußballfans, die bedingungslos den eigenen Verein ohne wirklichen Fanclub unterstützen und deren Mitglieder sich auch untereinander beistehen und stolz sind, der Gruppierung anzugehören. Sicher war dies in Anlehnung so gewollt, aber um den Ganzen noch einen anderen Aspekt zu geben, wurde einfach das „K“ vorn ran gesetzt, denn „KULT“ war Crimmitschau ohnehin.

Wie ging es weiter

In den Folgejahren entwickelte es sich zu einer Art Selbstläufer, die „Kultras“ wurden zum festen Bestandteil der Crimmitschauer Fanszene, präsentierten sich und den Verein entgegen einiger Skeptiker deutschlandweit eindrucksvoll, lautstark und sangesfreudig und vor allem immer friedlich. Zum festen Standort wechselte man in die „Heine-Kurve„, alle Gründungsmitglieder wollten zwar nicht dort mit hin – zu geliebt war der Stammplatz oberhalb der Strafbank – doch das brachte keinen Bruch zwischen den Freunden. Die Kurve wurde voller, es schlossen sich immer mehr sangesfreudige Fans der Gruppierung an und schließlich sorgte man mit oft bedingungslosem Support für gute Stimmung, zu bestimmten Anlässen wurden tolle Choreographien entwickelt.
In den Sommermonaten der frühen 2000er zeigten sich die „Kultras“ weiter bei nationalen und internationalen Eishockey-Fantreffen, bauten zu den Fans der Eisbären Berlin, den Schwenninger Wild Wings, den Bietigheim Steelers und zum HC Ambri Piotta in der Schweiz enge Kontakte und Freundschaften auf, die bis heute halten. Über die Jahre hinweg sah man immer einige Kultras bei verschiedenen Eishockey-Weltmeisterschaften oder anderen Turnieren der Deutschen Nationalmannschaft. Die Gemeinschaft wuchs stetig, mit Tränen in den Augen wurde der in den 20 Jahren einzige Abstieg beweint, um im Jahr darauf mit Feuer und Rauch in den frühen Ostermorgenstunden den Wiederaufstieg zu feiern, ebenso wie in den Folgejahren PlayOff-, Pre-PlayOff-Einzüge und Klassenerhalt optisch eindrucksvoll zu feiern.

Und die Kultras heute?

Heute sind die „Krawallmacher“ der Kultras aus der Crimmitschauer Fanszene nicht mehr wegzudenken, getreu dem Motto einer Ehe „in guten wie in schlechten Zeiten“ werden die Eispiraten unterstützt. Dabei ist es um die Gründungsmitglieder und viele der Mitglieder aus den Anfangsjahren durchaus ruhiger geworden, denn haben doch längst Jüngere das Ruder übernommen, die teilweise zum Zeitpunkt der Gründung noch nicht einmal geboren waren.

 

 

Und doch sind der Crimmitschauer Fanszene so einige der Ur-Kultras erhalten geblieben. Manche mussten angesichts der Liebe und Familie aussteigen, bei manchen war dies aber auch nur ein Ausstieg auf Zeit und sie kehrten mit Familie und Nachwuchs in die Kurve zurück, manch einer auch allein. Andere konnten Liebe und Eishockeyliebe miteinander vereinbaren und sind ununterbrochen bis heute immer noch da. Und wiederum Andere kommen wegen der Entfernung zu Crimmitschau nicht mehr so oft, aber dafür sieht man sie durchaus in anderen Stadien beim Auswärtsspiel. Und leider gibt es auch welche, die viel zu früh für immer gegangen sind, aber definitiv im Herzen der Gemeinschaft einen Platz gefunden haben.

So kann man rückblickend auf die letzten 20 Jahre sagen, dass aus einer kleinen Idee in einer kleinen Stadt etwas ganz Großes entstanden ist. Und wie uns einer der KULTRAS am vergangenen Wochenende in Kaufbeuren bestätigte, steht die 4. oder gar 5. Fan-Generation der Kultras schon in den Startlöchern.

etconline gratuliert den „Kultras“ zum 20jährigen Bestehen! Auf viele weitere Jahre mit ganz viel Krawall!
Fotos: Tommy Valdivia, Alexander Grimm, Sebastian Mühlig, Matthias Henkel