Eine gemähte Wiese möchte man vermuten, wenn der Tabellenfünfte auf den mit Abstand abgeschlagenen Tabellenletzten trifft. Wenn sich die Eispiraten Punkte gegen Selb erhoffen, sollten sie diese Denkweise aber tunlichst vermeiden, denn niemand anderes mäht die Wiese für die Crimmitschauer, sondern das müssen sie schon selbst erledigen.

Wir alle freuen uns über das stetig steigende sportliche Niveau der DEL2 und die Ausgeglichenheit der Teams. Der Nachteil des Ganzen wird am Beispiel Selb aber mit voller Wucht deutlich, denn für einen Oberliga-Aufsteiger wird die zweithöchste deutsche Eishockeyliga eine immer größere Herausforderung.

Kommen dann auch noch ein unglückliches Händchen bei Personalentscheidungen sowie ein richtig heftiges Verletzungspech hinzu, dann stehen eben unweigerlich nach 37 absolvierten Spielen nur 19 Pünktchen sowie der harmloseste Sturm und die löchrigste Abwehr zu Buche.

Die Selber Wölfe sind also drauf und dran, als schlechtester Club in die DEL2-Geschichte einzugehen und natürlich ist Coach Herbert Hohenberger keinesfalls zu beneiden. Das qualitativ und quantitativ chronisch unterbesetzte Team bei Laune zu halten und vor allem in Richtung Playdowns bzw. Klassenerhalt zu motivieren, dürfte im Moment die Hauptaufgabe sein.

Ein Garant für den im Moment zwar unrealistischen, aber dennoch angepeilten Klassenerhalt soll in der Stadt bei Wunsiedel Michael Bitzer (12 Sp, 3.07 GT/Sp, 91.33%, 1 SO) werden, der seit Weihnachten das Tor hütet und seine Farben in dem ein oder anderen Spiel schon nah an den Punktgewinn brachte bzw. manch Niederlage in Grenzen hielt.

Zwischen den Pfosten sind die Oberfranken also durchaus gewappnet für die beinharten Playdowns, doch ob das auch für die Abwehr zutrifft, darf zumindest in Frage gestellt werden. Hier müssen nämlich mit Lukas Slavetinsky (37 Sp, 2+18) und Florian Ondruschka (30 Sp, 1+3) zwei 40- bzw. 34 Jahre alte Haudegen die Fäden zusammenhalten – mit mäßigem Erfolg. Slavetinsky hat es in einem aufsehenerregenden Radiointerview zuletzt auf den Punkt gebracht, nämlich dass es ein Amutszeugnis sei, wenn ein 40jähriger in der ersten Verteidigerlinie gegen die besten Stürmer des Gegners antreten muss. Allzu viel mehr haben die Wölfe aber eben nicht zu bieten, da zum einen Nick Walters (35 Sp, 3+7) weit unter den Erwartungen spielt und zum anderen Brad Ross den Club nach internen Querelen verlassen hat. Aber auch er füllte die ihm zugedachte Rolle nicht aus. Von den verbliebenden Defendern Benedikt Böhringer, Max Gimmel, Mauriz Silbermann und Nachverpflichtung Leon Lilik ist in erster Linie Schadensbegrenzung zu erwarten.

Im Angriff sehnen sich die Wölfe-Fans nach einem Leader und Topscorer. Der in Selb als Eisprinzessin verschriene Pascal Aquin hat bereits das Weite (Bad Tölz) gesucht, einer mit Potential, nämlich Brett Thompson (CAN, 16 Sp, 6+13) ist dauerverletzt, und so bleibt eigentlich nur noch US-Boy Nick Miglio (36 Sp, 14+12), der vor dem Tor am ehesten die Nerven bewahrt. Diese gehen ihm aber auch immer wieder durch, denn 73 Strafminuten sind kein Pappenstiel. Die deutschen Cracks Feodor Boiarchinov (32 Sp, 6+9), Richard Gelke (24 Sp, 8+5), Lars Reuß (24 Sp, 7+4), Steven Deeg (30 Sp, 3+7), Lukas Klughardt (34 Sp, 3+3), Jan Hammerbauer (10 Sp, 3+3), Nachverpflichtung Daniel Schwamberger (13 Sp, 1+2) und Nikita Naumann (26 Sp, 2+0) konnten bislang auch noch nicht nachhaltig für die notwendige Gefahr im gegnerischen Drittel sorgen. Lukas Vantuch (CZE, 24 Sp, 0+7) wartet gar noch auf sein erstes Tor im Wölfe-Trikot.

Man braucht nicht um den heißen Brei herumreden: Alles andere als 3 Punkte gegen Selb ist inakzeptabel! Denn wer in die Playoffs möchte, der darf sich vom glanzlosen Schlusslicht der Liga nicht ins Stolpern bringen lassen. Und natürlich sind die Eispiraten stark genug, um diese Aufgabe im Derby zu lösen. Nur darf sich auf Crimmitschauer Seite niemand von dem Gedanken leiten lassen, dass das schon irgendwie klappt und die Punkte von alleine in den Sahnpark fliegen. Pustekuchen! Härte, Einsatz, Bereitschaft, Konsequenz, Zweikampfwille, Extrameter, und natürlich Respekt vor dem Gegner – vom Eröffnungsbully bis zur Schlusssirene. Wenn die Eispiraten diese Attribute in die Waagschale werfen, wird Selb in Crimmitschau keine Chance haben. Aber eben auch nur dann.