Der Spielemarathon und die ganzen Hiobsbotschaften aus dem Lazarett in den vergangenen zwei, drei Wochen ließen kaum Zeit zum Nachdenken. Dabei sind doch die Eispiraten mir nichts dir nichts in eine handfeste sportliche Krise geschlittert. Immerhin übersieht man schnell, dass auf den Siegesrekord die bislang schwächste Saisonphase der Crimmitschauer mit nur 3 Punkten aus den letzten 6 Spielen folgte.

Diese Negativtendenz gilt es für die Crimmitschauer nun gegen den EC Bad Nauheim zu beenden. Dabei geht es aber auch für die Hessen um ziemlich viel, immerhin ist man im laufenden zweiten Saisondrittel relativ weit in den Tabellenkeller abgerutscht, so dass man dem Geschehen schon ein wenig hinterherhechelt und Hoffnung in die Nachholspiele setzt, die der ECBN als das Team mit den wenigsten Spielen der Liga noch hat.

Ein Zeichen an die Mannschaft war gewiss auch die Entlassung von Hannu Järvenpää, der vor knapp zwei Wochen von der Nauheimer Spielerlegende Harry Lange an der Bande abgelöst wurde. Der große Wow-Effekt bliebt zwar bislang aus – es gab nur 1 Punkt aus den 3 Spielen seit dem Trainerwechsel – aber im Team der Nauheimer steckt eigentlich schon etwas mehr als man bisher zeigte. Vielleicht kann Lange das in den verbleibenden Spielen der Hauptrunde noch rauskitzeln.

Wenig kitzeln muss man indes auf der Goalie-Position, wo mit Felix Bick (29 Sp, 3.52 GT/Sp, 90.21%, 1 SO) ein Meister seines Fachs auf die gegnerischen Stürmer wartet. Bicks Gegentorschnitt ist zwar nicht rosig, doch wenn man bedenkt, dass er durchschnittlich die ligaweit meisten Schüsse pro Spiel auf seinen Kasten bekommt, kann man die wahre Leistung schon besser einordnen.

Vor Bick agieren die erfahrenen Defender Tomas Schmidt (26 Sp, 1+14), Mark Richardson (GBR, 26 Sp, 1+9), Huba Sekesi (13 Sp,0+4) und Daniel Ketter (31 Sp, 0+2) sowie die aufstrebenden Aaron Reinig (29 Sp, 3+8), Jan Luca Sennhenn und Simon Gnyp. Insgesamt ist der Abwehrverbund des ECBN über den Saisonverlauf aber zu löchrig, weshalb sich die ein oder andere Kritik an den defensiven Leistungsträgern breit macht.

Im Angriff der Kurstädter gibt es zunächst wenig zu mäkeln, zumindest in der Spitze. Denn mit Cason Hohmann (USA, 31 Sp, 13+32) und James Arniel (CAN, 31 Sp, 21+19) hat sich ein kongeniales Duo gefunden, das schon als Lebensversicherung gezählt werden kann. Der „Wühlbüffel“ Andreas Pauli (31 Sp, 11+18) macht ebenfalls einen guten Job und auch Frédérik Cabana (20 Sp, 8+6) ist ein wichtiger Baustein, wenn er nicht gerade verletzt ist. An den Leistungen von Kelsey Tessier (CAN, 31 Sp, 9+16), Stefan Reiter (29 Sp, 6+12), Christoph Körner (29 Sp, 5+4), Marvin Ratmann (17 Sp, 2+2) und Noureddine Bettahar (15 Sp, 0+1) scheiden sich aber die ein oder anderen Geister. Insgesamt hat man sich im Nauheimer Sturm wahrscheinlich eine etwas breitere Scoringmentalität erwartet. Dass Kapitän Marc El-Sayed für den Rest der Saison ausfällt, macht die Sache nicht einfacher.

So bleibt dann schon einiges an den jüngeren Stürmern Julian Chrobot, Maximilian Glötzl, Nicolas Cornett, Leon Köhler, Luis Üffing und Mick Köhler hängen, die die Kohlen aber auch nicht allein aus dem Feuer holen können und außerdem zum Teil auch eher fließend in Nauheimer Trikot auflaufen, schließlich pflegt der ECBN eine recht intensive Kooperation mit DEL-Club Köln, die vom Geben und Nehmen geprägt ist.

Kann man beim Spiel Crimmitschau gegen Bad Nauheim schon von einem Krisengipfel sprechen? Nun, um auf dem Boden zu bleiben: sicherlich nicht! Dafür stehen die Eispiraten in der Tabelle noch mehr als zufriedenstellend und auch Bad Nauheim  ist noch lange nicht weg vom (Playoff-)Fenster. Wenngleich man offen zugeben muss, dass man tabellarisch auf Eispiraten-Seite aktuell nur noch von der 8-Spiele-Siegesserie zehrt. Die 5 Niederlagen aus den letzten 6 Spielen haben jedenfalls den Anschluss an das obere Tabellendrittel bis auf Weiteres abreißen lassen und nun drücken die Teams ab Platz 9 mächtig auf das Standing der Crimmitschauer. Deren Voraussetzungen sind derzeit arg limitiert mit dem Ausfall eines kompletten Blocks und einer ersten Sturmreihe, deren Scoring-Ausbeute ausschließlich an Mathieu Lemay hängt. Und so wird die Zielgerade der Hauptrunde für die Westsachsen in Sachen Playoff-Einzug eine echte Herkulesaufgabe. Zumal auf absehbare Zeit kaum personelle Verbesserung eintreten wird. Sam Vigneault kann hier eine Bereicherung werden, muss sich allerdings erst beweisen. Und weil für ihn Lukas Vantuch als überzähliger Kontingentspieler wieder aus dem Kader fallen wird – Hudson und Summers sind wegen der Ausfälle in der Abwehr eh gesetzt – kommen die Eispiraten zumindest quantitativ keinen Schritt vorwärts. Der kleine Kader wird sich also durch die kommenden Wochen beißen müssen und fängt damit im Spiel gegen die Nauheimer hoffentlich schon gewinnbringend an.