Die fünfte Jahreszeit beginnt – und die Eispiraten sind mit von der Partie. Ab Freitag beginnt die kurze und knackige best-of-threee-Serie in den Pre-Playoffs gegen die Kassel Huskies.

Der Kontrahent aus Kassel hat keine leichte Hauptrunde hinter sich, wurde von Tiefen gebeutelt und von Höhen beflügelt. Letztlich landeten die Huskies unter Cheftrainer Tim Kehler nach 52 Spielen auf Rang 7 mit 75 Punkten und 146:145 Toren. Werfen wir einen Blick auf die Details.

Tor

Die Nummer 1: Vor kurzem noch in Wolfsburg, dann kurz vor Transferschluss im Tausch mit dem Slowaken Melichercik nach Kassel getradet. Gerald „Jerry“ Kuhn ist die neue Nummer 1 im Kasten der Huskies und hat sich in seinen 6 Einsätzen mit 2.18 GT/Sp und einer Fangquote von 93.63% gleich prächtig eingefügt. Der körperlich kompakte 32jährige Deutsch-Kanadier dürfte gesetzt sein.

Der Backup: Nach der Verpflichtung von Kuhn ging es für Leon Hungerecker (23 Sp, 2.59 GT/Sp, 92.50%, 0 SO) wieder zurück auf die Ersatzbank, was seine bisherigen Leistungen aber keinesfalls schmälert. Der 20jährige ist ein riesen Talent und wird über kurz oder lang in der DEL Karriere machen. Sein Können befähigt ihn, jederzeit gleichwertig für Kuhn einzuspringen.

Verteidigung

Die Leader: Die Abwehr profitiert von der immensen Erfahrung eines Derek Dinger (51 Sp, 3+22), Alexander Heinrich (52 Sp, 3+15) und Andre Reiß (49 Sp, 4+12). Eigentlich sollte hier auch der US-Amerikaner Mike Little (37 Sp, 4+14) aufgezählt werden. Mit Little wurde aber aus der Not eine Tugend gemacht und das schussgewaltige Kraftpaket läuft nun im Sturm auf.

Für die Tiefe: Hier ist zunächst der Kanadier Neil Manning zu nennen (13 Sp, 0+7), der als Kontingentspieler eigentlich bei den Leadern stehen sollte, doch recht eindrucksvoll hat sich der nachverpflichtete Defender noch nicht gezeigt und „glänzt“ mit einer +/- Bilanz von -7. Nick Walters (48 Sp, 1+7), Marco Müller (52 Sp, 0+8) und Jannik Woidtke (40 Sp, 1+1) stehen weniger für Offensivpower, sondern vielmehr für defensive Absicherung – das aber äußerst erfolgreich.

Angriff

Die Topscorer: Es „muellert“ in Kassel. Zwar nicht mehr ganz so punktreich wie bei seinen vorherigen Stationen Frankfurt und Riessersee, doch Richie Mueller (52 Sp, 26+25) ist auch in Nordhessen Leader und Topscorer in Personalunion. Und trotz seiner 36 Lenze ist er mit seinem unnachahmlichen Antritt noch immer einer der schnellsten Stürmer der Liga. Hinter Mueller hat sich der Kanadier Sébastien Sylvestre, der erst währen der Saison zum Kader stieß, als verlässlicher Scorer etabliert. 16 Tore und 13 Vorlagen konnte der technisch versierte Angreifer in seinen 27 Einsätzen sammeln. Jens Meilleur (52 Sp, 15+20) und mit Abstrichen Toni Ritter (45 Sp, 10+16) reihen sich ebenfalls in die Riege der Topscorer ein. Normalerweise würde in der Aufzählung auch noch der Name Corey Trivino (CAN, 32 Sp, 14+18) fallen, der der Huskies-Offensive nach seiner Verpflichtung Mitte November 2018 deutlich Aufschwung gegeben hat, doch Trivino hat sich im ersten Spiel nach Transferschluss an der Schulter verletzt und fällt bis Saisonende aus. Auf Trivinos Platz ist nun der etatmäßige Verteidiger Mike Little zugange.

Für die Tiefe: Wie auch in der Abwehr tauchen hier Spieler auf, die eigentlich eine Kategorie weiter oben stehen sollten: Adriano Carciola (44 Sp, 9+12) und Sam Povorozniouk (USA, 42 Sp, 8+15), doch beide hecheln ihrem Potenzial ein wenig hinterher und haben sich in der Hauptrunde seltener als erwartet auf dem Scoreboard eintragen können. Gerade beim Kontingentspieler Povorozniouk dürften die Zeichen daher deutlich auf Abschied nach der Saison stehen. Der Deutsch-Kanadier Jace Hennig (52 Sp, 9+10) hat auf seiner ersten Europastation nach der Universitätsliga NCAA ordentliche Leistungen erzielt und in Sachen Einsatz und Verlässlichkeit ist auch Michael Christ (45 Sp, 2+7) ein Vorbild. Valentin Busch, Mark Ledlin, Bastian Schirmacher und Tim Lucca Krüger bringen zwar nicht die große Torgefahr ins Spiel, dafür aber ihre jugendliche Dynamik.

Satistische Stärken und Schwächen

In den Spielen mit Kasseler Beteiligung sind in der Hauptrunde gerade einmal 5,6 Treffer pro Partie gefallen. Damit sind die größte Stärke und die größte Schwäche der Huskies in einem Satz zusammengefasst.

Nur 145 mal mussten die Huskies-Goalies hinter sich greifen und damit so selten wie bei keinem anderen Team der Liga. Zwar konnten die gegnerischen Spieler durchschnittlich fast 36 mal pro Partie auf das Tor schießen – nur 3 Teams ließen mehr Schüsse zu – aber nur fast jeder 13. Schuss konnte auch in ein Tor umgemünzt werden. Spitzenwert in der Liga! Das spricht nicht nur für die Goalies, die dadurch eine hohe Fangquote haben, sondern auch für die Abwehr, die überwiegend nur harmlose Schüsse zulässt und in der gefährlichen Zone vor dem Tor zumeist die Überhand behält. Zum Vergleich: Bei den Eispiraten reichten etwas mehr als 8 Torschüsse für ein Gegentor, was wiederum der schwächste Wert der Liga ist. Dass dabei satte 212 Gegentore bei den Crimmitschauern zustande kamen, verweundert da nicht mehr.

Auf der Gegenseite geizten die Cracks aus Hessen mit eigenen Toren, denn nur deren 146 konnten erzielt werden. Nur Freiburg gelangen noch weniger Treffer. Kein Wunder, brachten die Huskies doch die Scheibe bloß knapp 31 mal pro Partie auf das gegnerische Tor. Drei Teams schossen noch weniger. Und für einen Treffer benögten Mueller & Co. satte 11 Versuche, lediglich Freiburg war noch treffunsicherer. Im Vergleich gelangen den Eispiraten 40 Tore mehr, nämlich 186 und damit die sechstmeisten der Liga. Vier Spieler aus dem Huskies-Team schossen öfter als 100 mal aufs Tor – das sind wenige (Crimmitschau: 8). Ballermann Mueller war mit 213 Versuchen am aktivsten und schoss fast doppelt so oft wie der zweitplatzierte Meilleur. Das macht sich in der Torjägerliste natürlich bemerkbar. Während 9 Eispiraten-Spieler 10 oder mehr Saisontore erzielten, sind es auf Seiten der Huskies nur 6.

Auch aus der Defensive heraus kam bei Kassel mitunter kaum Produktives für die Offensive. Hudson und McNally (91) haben fast genauso viele Scorerpunkte gesammelt wie die gesamte Huskies-Defensive zusammen (102).

Bei den Special Teams stellt es angesichts der wenigen Tore keine Überraschung dar, dass Kassel mit nur 17,6% auf Rang 10 in der DEL2 liegt. Crimmitschau schaffte mit 17,7% nur unwesentlich mehr. Von den 40 Powerplaytoren gehen allein 9 Stück auf Richie Mueller, der eine echte Waffe in Überzahl ist. Das Spiel der Huskies ist aber recht einfach auszurechnen, denn Mueller läuft sich zumeist im Bereich des linken Offensivbullypunkts frei, wird dann entweder quer per Seitenwechsel oder diagonal vom einzigen Verteidiger an der Blauen Linie angespielt und schießt dann per Onetimer. Den Passweg zu verschließen oder die Direktabnahme Muellers zu erschweren ist die halbe Miete, um das Powerplay Kassels wirkungslos zu machen.

In Unterzahl steht Kassel hingegen recht gut da mit 80,4% und Rang 8 im Ligavergleich (Crimmitschau 77,0%, Platz 11). Allerdings mussten die Schlittenhunde auch nur zu 204 Unterzahlsituationen antreten, lediglich Freiburg war seltener in numerischer Unterlegenheit. Crimmitschau hat 256 Penaltykillings absolvieren müssen und damit exat einmal mehr pro Spiel als Kassel.

Wäre zum Schluss noch ein Blick auf die Heimtabelle zu werfen, denn ein echter Vorteil muss das Heimrecht für die Hessen gar nicht sein, steckten sie vor ihren eigenen Fans doch satte 12 Niederlagen in 26 Heimspielen ein. Weniger Punkte zuhause (43) holten nur Freiburg, Bayreuth und Deggendorf. Dafür ist Kassel in der Fremde nicht zu verachten, holten sie doch die siebtmeisten Punkte aller Teams auf gegnerischem Eis.

Wer zieht ins Playoff-Viertelfinale ein?

Diese Frage ist fast schon philosophisch, denn beim Duell Kassel gegen Crimmitschau prallen zwei Welten aufeinander. Es spielt starke Defensive und schwache Offensive gegen schwache Defensive und starke Offensive. Und deshalb kann die Serie in beide Richtungen kippen. Bewahrheitet sich der Spruch „Offense wins games, defense wins championships“, dann dürften die Crimmitschauer einen kleinen Vorteil haben, denn in einer best-of-three-Serie geht es erstmal nur um Ziel: Eher zwei Spiele zu gewinnen als der Gegner!