Tohuwabohu in Kassel. So oder so ähnlich muss man die bisherige Saison des Meisters von 2015/16 bezeichnen, denn irgendwie kommen die Hessen bislang nicht aus dem Quark und sind eher von Pleiten, Pech und Pannen geplagt.

Anspruch und Wirklichkeit – manchmal meilenweit voneinander entfernt. Und so auch bei den Kassel Huskies der Saison 2018/19. Denn wer vor der Saison gesagt hätte, dass die Huskies nach 19 Spieltagen auf dem 11. Tabellenplatz rangieren, dem hätte man wohl nur den Vogel gezeigt. Aber es ist wirklich so! 22 Punkte und 51:61 Tore reichen derzeit nicht einmal für einen Pre-Playoffplatz, weshalb sich die Cracks aus Kassel inzwischen sicherlich einige unangenehme Fragen gefallen lassen müssen.

In gewisser Weise hat sich die aktuelle Entwicklung in Kassel aber in den letzten beiden Saison schon angedeutet, denn nach der Meisterschaft 15/16 ging der sportliche Erfolg in den folgenden beiden Saisons stufenweise zurück, bis hin zu einer sehr ernüchternden zweiten Saisonhälfte der letzten Saison, die dann im Playoff-Viertelfinale sang- und klanglos zuende ging. Schon damals wuchs die Kritik an Trainer Rico Rossi, der anscheinend unter dem Merkel-Effekt leidet- zu lang an Bord und es werden von außen nur noch Fehler gesucht. So verwunderte es nicht, dass Rossi vor wenigen Wochen vom Cheftrainerposten auf den Sportdirektorstuhl „weggelobt“ wurde. Die Geschicke hinter der Huskies-Bande leitet nun Bobby Carpenter, eine ehemalige NHL-Ikone, der zuletzt das Team aus Kunlun in der KHL betreute und zuvor viele Jahre in der Organisation der Toronto Maple Leafs Scouting- und Developement-Aufgaben erfüllte.

Zaubern kann aber freilich auch Carpenter nicht, denn die Wurzeln des sportlichen Misserfolgs scheinen in Kassel inzwischen etwas tiefer zu reichen.

Am wenigstens davon beeindruckt scheinen noch die beiden Goalies Marcel Melichercik (SVK, 16 Sp, 3.25 GT/Sp, 91.08%, 0 SO) und Leon Hungerecker (6 Sp, 2.87 GT/Sp, 90.24%, 0 SO) zu sein, die immerhin dafür sorgen, dass nur vier Teams in der Liga weniger Gegentore kassiert haben als die Huskies.

Ihren Teil tragen auch die Defender Derek Dinger (18 Sp, 1+10), Alexander Heinrich (19 Sp, 2+6), Mike Little (USA, 12 Sp, 2+4), Andre Reiß (17 Sp, 1+4), Nick Walters (19 Sp, 0+5), Marco Müller (19 Sp, 0+4) und der nachverpflichtete Jannik Woidtke (7 Sp, 1+0) zur insgesamt recht stabilen Defensivarbeit bei. Der breite Erfahrungsschatz der Verteidiger macht sich auf jeden Fall bezahlt.

Weitaus weniger rund läuft es in der Abteilung Attacke, wo die ein oder andere Enttäuschung nicht verborgen bleibt. Beispielsweise hat der Königstransfer des Sommers, Richie Mueller (19 Sp, 8+8) bisher weder Fisch noch Fleisch zu bieten. Der aus Frankfurter und Garmischer Zeiten gefürchtete Flügelflitzer ist zwar auch in Kassel Dreh- und Angelpunkt, mutiert aber mitunter zur One-Man-Show, weil seine Mitspieler nicht so recht in die Mueller-Spielweise hineinpassen.

Ganz klar enttäuschend läuft es mit den Kontingentspielern im Sturm. Hier geben sich die Spieler beinahe die Klinke in die Hand. So war ein Mark MacMillan gerade mal zwei Wochen da, Matthew Neal hat sich inzwischen auch verabschiedet und bei Sam Povorozniuk (USA, 17 Sp, 3+7) kann man sich auch nicht mehr sicher sein, ob er noch lange für die Huskies auflaufen wird. Der benötigte Torjäger ist er jedenfalls nicht. Die Hoffnungen ruhen nun mehr oder minder auf Corey Trivoni (CAN, 3 Sp, 1+1), der in seinen ersten Einsätzen gute Ansätze zeigte.

Insgesamt muss aber vom gesamte Huskies-Angriff noch mehr kommen, um die Tabelle von hinten aufzurollen. Tyler Gron (19 Sp, 8+9), Jens Meilleur (19 Sp, 7+4), Adriano Carciola (15 Sp, 6+4), Toni Ritter (18 Sp, 4+4) und Michael Christ (12 Sp, 0+2) dürften sich hier angesprochen fühlen. Der eine mehr, der andere weniger.

Die jüngeren Stürmer wie Jace Hennig (19 Sp, 2+2), Valentin Busch (10 Sp, 2+0), Eric Valentin (5 Sp, 1+1), Bastian Schirmacher (17 Sp, 0+0), Tim Lucca Krüger (18 Sp, 0+0) und Lasse Bödefeld (10 Sp, 0+0) sind verständlicherweise noch nicht in der Lage, das Auf und Ab der Leistungsträger zu kompensieren.

In der labilen Verfassung wie im Moment bekommen die Eispiraten die Kassel Huskies wahrscheinlich nicht so schnell wieder vor die Flinte. Aber irgendwie tut man sich auch schwer, die Crimmitschauer bei ihrem Auftritt in Hessen als Favorit zu sehen. Da ist nicht nur die Tatsache, dass die Sachsen aus den letzten 8 Auswärtsspielen in Kassel gerade einmal einen Sieg holen konnten (4:3 n.P in der Saison 2015/16), sondern kommt es einem auch so vor, als würden die Schlittenhunde (noch) mit angezogener Handbremse spielen. Es scheint angesichts der immer noch vorhandenen Qualität des Kaders, der einen Platz in der oberen Tabellenhälfte auf jeden Fall hergibt, eine Frage der Zeit, bis die Huskies den 2. Gang einlegen und dann ins Rollen kommen.

Für die Collins-Schützlinge gilt es deshalb, den Schwung aus dem fulminanten Derbysieg gegen Dresden mitzunehmen, dabei aber nicht zu euphorisch oder selbstsicher zu werden. Die Aufgabe bei den Huskies ist haarig – aber nicht unlösbar.